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Anerkennung von Abschlüssen

Anerkennung von Abschlüssen

Die Bedeutung der Berufsanerkennung für die Fachkräftesicherung nimmt weiterhin zu. Daniel Wörndl erklärt, warum KMU ausländische Mitarbeiter im Anerkennungsverfahren unterstützen sollten.

Die Zahl der Anträge auf Anerkennung von Berufsabschlüssen hat von 822 im Jahr 2012 auf 10.700 im Jahr 2020 zugelegt. Daniel Wörndl ist Teamleiter des BQ-Portals, dem Informationsportal für ausländische Berufsqualifikationen. Im KOFA-Experteninterview erklärt er, warum es sich für KMU lohnt, ausländische Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen beim Anerkennungsverfahren zu unterstützen.

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Herr Wörndl, als Ärztin oder Krankenpfleger darf man ohne eine berufliche Anerkennung gar nicht arbeiten – in anderen Branchen hingegen schon. Würden Sie die Geschäftsführung eines kleinen Handwerksbetriebs ermutigen, seinen ausländischen Mitarbeiter in einem Anerkennungsverfahren zu unterstützen?

Wörndl: Doch, auf jeden Fall. Eine solche Unterstützung bringt Wertschätzung zum Ausdruck. Der Geschäftsführer zeigt, dass er die im Ausland erworbenen Qualifikationen wichtig findet. Solche Signale motivieren Mitarbeiter und fördern ihre langfristige Bindung an einen Betrieb. Wer ausländische Mitarbeiter im Anerkennungsverfahren unterstützt, setzt auch ein starkes Signal nach außen. Der Unternehmer zeigt: Wir sind offen für ausländische Fachkräfte und pflegen eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Ein solches Employer-Branding kann hilfreich sein, um ganz gezielt ausländische Mitarbeiter mit guter Ausbildung zu rekrutieren.

Gibt es Vorteile für den praktischen Betriebsalltag?

Wörndl: Natürlich kann ich jemanden an die Werkbank stellen und sehen, was er kann. Das Anerkennungsverfahren ist aber vielschichtiger. Es gibt die Gewissheit: Der hat die gleichen Fähigkeiten, wie jemand, der in Deutschland gelernt hat. Das eröffnet viel breitere Einsatzmöglichkeiten. Wird der Abschluss nur teilweise anerkannt, zeigt das Verfahren außerdem, an welchen Stellen Weiterbildung sinnvoll ist.

Wie funktioniert ein Anerkennungsverfahren?

Wörndl: Den Antrag muss der ausländische Mitarbeiter stellen. Voraussetzung ist, dass er in seinem Heimatland einen offiziellen Berufsabschluss erworben hat. Das Verfahren richtet sich also nicht an Menschen, die vielleicht im Betrieb des Onkels mitgearbeitet und so ihre Kompetenzen erworben haben.

Damit die Anerkennungsstelle die „Gleichwertigkeitsprüfung“ – also den Vergleich der beruflichen Qualifikation im Ausland mit dem deutschen Berufsprofil –  vornehmen kann, müssen eine ganze Reihe Unterlagen eingereicht werden: Zeugnisse aber auch Informationen über die genauen Inhalte der Ausbildung und vorhandene Berufserfahrung. Der Antragssteller muss die fremdsprachigen Dokumente außerdem ins Deutsche übersetzen lassen.

Das klingt relativ aufwendig. Gibt es Unterstützungsangebote?

Wörndl: Na klar, unser Portal hilft hier weiter. Es gibt Tipps zur Durchführung des Anerkennungsverfahrens. Und man findet hier Informationen zur Berufsausbildung in unterschiedlichen Ländern - schon mehr als 2.500 Berufsprofile und 78 Länderprofile – das ist hilfreich für den Antragssteller, also den Mitarbeiter, um die Inhalte der Ausbildung im Heimatland genau beschreiben zu können.

Dann gibt es Beratungsstellen und bei den Anerkennungsstellen natürlich ebenfalls Ansprechpartner, die beraten. Grundsätzlich möchte ich aber auch Unternehmen dazu ermutigen, Verantwortung zu übernehmen und ihre ausländischen Mitarbeiter bei der Antragsstellung zu unterstützen.

Wie können KMU ausländischen Mitarbeitern bei der Anerkennung von Abschlüssen helfen?

Wörndl: Es gibt da unterschiedliche Möglichkeiten. Die Kosten für das Verfahren können je nach Beruf zwischen 100 und 600 Euro liegen. Hinzu kommen noch die Kosten für Übersetzungen. Als Unternehmen habe ich die Möglichkeit, meinem Mitarbeiter finanziell unter die Arme zu greifen.

Darüber hinaus können Vorgesetzte und Kollegen ganz praktisch helfen: Einem deutschen Muttersprachler fällt es vermutlich leichter, das Amtsdeutsch eines Antrags zu verstehen und den Antrag auszufüllen. Vielleicht gibt es auch Kollegen, die als Ansprechpartner für die Anerkennungsstellen bei Rückfragen zur Verfügung stehen – all das kann helfen, das Verfahren zu beschleunigen.

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Im Anerkennungsverfahren wird die „Gleichwertigkeit“ von Berufsabschlüssen geprüft – ist es denn immer so einfach festzulegen, mit welchem deutschen Ausbildungsberuf der ausländische Abschluss verglichen werden soll?

Wörndl: Ausbildungsberufe haben von Land zu Land unterschiedliche Bezeichnungen und Profile. In Syrien gibt es zum Beispiel eine Ausbildung, die übersetzt „mechanische Fertigung“ heißt. Hier kann man überlegen, ob der „Zerspanungsmechaniker“ oder der „Anlagenmechaniker“ besser passt. Wenn es mehrere Optionen gibt, würde ich immer dazu raten, eine Entscheidung für die Zukunft zu treffen. Wie möchte der Mitarbeiter im Unternehmen eingesetzt werden? Welche Berufsbezeichnung bildet das ab? – Wer sich diese Fragen vorher stellt, kann den Referenzberuf besser bestimmen.

Wie sieht denn am Ende das Ergebnis eines solchen Anerkennungsverfahrens aus?

Wörndl: Der Antragssteller erhält einen Bescheid. Auf dem Schriftstück sind drei mögliche Rückmeldungen festgehalten: „Volle Gleichwertigkeit der Berufsabschlüsse“, „teilweise Gleichwertigkeit“ oder aber „keine Gleichwertigkeit“. Sollte eine „teilweise oder eingeschränkte Gleichwertigkeit“ attestiert werden, schlüsselt das Dokument auf, welche Qualifikationen vorliegen und in welchen Bereichen Abweichungen bestehen. Der Antragssteller hat dann die Möglichkeit, die fehlenden Qualifikationen über eine Anpassungsqualifizierung nachzuholen.

Welche Konsequenzen folgen, wenn „keine Gleichwertigkeit“ attestiert wird?

Wörndl: In der Praxis passiert das überaus selten. 2015 urteilten die Anerkennungsstellen nur bei 2,6 Prozent der Antragssteller, dass keine Gleichwertigkeit der Berufsabschlüsse vorliegt. Und selbst wenn dies passiert, gibt es Handlungsoptionen. Zum Beispiel kann der Mitarbeiter eine Externenprüfung auf Gesellenniveau ablegen und so einen deutschen Ausbildungsabschluss erhalten. In den allermeisten Fällen sind solche Maßnahmen aber gar nicht nötig: Denn fast dreiviertel aller Antragssteller bringen die gleichen Qualifikationen mit, wie ihre deutschen Kollegen.

Wir danken Herrn Wörndl für das Gespräch.