Azubis gewinnen durch Schulkooperationen
3 Tipps zu Schulkooperationen
1. Einfach anfangen: Betriebe müssen nicht gleich ein ganzes Bündel an gemeinsamen Aktivitäten mit Schulen veranstalten. Sie können mit einer Maßnahme, zum Beispiel Bewerbungstrainings in den Schulen, anfangen und dann Stück für Stück schauen, ob sich die Kooperation ausbauen lässt.
2. Schüler als potenzielle Azubis sehen: Auch wenn ein wenig Zeit vergeht, bis Jugendliche die Schule verlassen - haben Sie einmal einen Kontakt geknüpft, sind Sie bei den Jugendlichen präsent. Immer wieder werden aus einstigen Praktikantinnen und Praktikanten später Auszubildende.
3. Praktische Arbeit ermöglichen: Lassen Sie Schülerinnen und Schüler nicht nur den Betrieb besichtigen, sondern bieten Sie Ihnen auch praktische Aufgaben an. Einmal mit Putz zu arbeiten oder eine Wand zu streichen macht vielen Spaß und kann ungeahnte Talente zeigen.
Von Farbeimern zur erfolgreichen Ausbildungskooperation: Wie Leibbrand Nachwuchssorgen überwand
Angefangen hat alles mit ein paar Eimern Farbe. Die stiftete die Firma Leibbrand an Schulen in der Region, damit diese ihre Schulhöfe verschönern konnten. Später halfen die Beschäftigten auch bei der Gestaltung. „Wir haben damals gemerkt, dass sich immer weniger junge Menschen um eine Ausbildung bei uns bewerben. Und mit dieser ersten Aktion wollten wir die Leute auf uns aufmerksam machen“, erinnert sich Thomas Mürdter, Geschäftsführer des Betriebs, der sich als Komplettdienstleister im Handwerk für sämtliche Arbeiten von der Außendämmung bis zur Raumausstattung versteht.
Heute, gut 15 Jahre später, hat sich aus diesen ersten Schritten eine professionelle Zusammenarbeit mit vier Schulen rund um Schorndorf bei Stuttgart ergeben. Und die glückliche Lage, dass der Betrieb mit 105 Mitarbeitenden kaum Nachwuchssorgen hat.
„Wir bekommen jedes Jahr 30 bis 45 Bewerbungen auf unsere Ausbildungsplätze“, sagt der Geschäftsführer. Nicht alle Bewerbenden kommen infrage, aber genug, um alle Plätze zu füllen: Insgesamt 17 Auszubildende beschäftigt Leibbrand derzeit. Und viele bleiben: So seien einige der Meisterinnen und Meister im Betrieb, die heute Mitte 30 sind, schon bei Leibbrand ausgebildet worden.
Schulkooperation: Kompetenztraining bis Betriebsbesichtigung
Wie sieht die Zusammenarbeit mit den Schulen inzwischen aus? Leibbrand ist mit ihnen eine Kooperation eingegangen, “Bildungspartnerschaft” heißt das in Baden-Württemberg. Diese sieht vor, gemeinsame Aktivitäten in den Schulen und im Betrieb zu veranstalten.
Dazu gehören zum Beispiel sogenannte Kompetenztrainings: Ein- bis zweimal im Jahr kommen Mitarbeitende des Betriebs in einen Klassenraum und simulieren Bewerbungsgespräche mit den Schülerinnen und Schülern. Diese lernen dadurch, wie sie sich in so einer Situation richtig verhalten. Wie begrüßt man sich? Welche Stärken und Schwächen sollte man nennen? Wie geht man mit Nervosität um?
Zudem besichtigen einzelne Klassen im Fach Wirtschaft, Berufs- und Studienorientierung (WBS) den Betrieb. Sie sehen dann zum Beispiel den „schau_raum“, die Warenausgabe, die Station zur digitalen Zeiterfassung, die Lackierwerkstatt und den Kommissionsraum. „Das ist eine gute Möglichkeit, damit die Jugendlichen und die Lehrkräfte sehen, wie modern das Handwerk ist“, sagt Mürdter.
Für die Kooperation mit der Gemeinschaftsschule Rainbrunnen Schorndorf ist Leibbrand mit dem SCHULEWIRTSCHAFT-Preis 2023 geehrt worden. Mit dem SCHULEWIRTSCHAFT-Preis werden sowohl Unternehmen als auch Kooperationen von Schulen und Unternehmen ausgezeichnet, die sich in besonderem Maße um den Übergang Schule – Beruf verdient machen.
Aus Praktikanten werden Azubis
Auch Praktika bietet das Unternehmen an – für bis zu 45 Jugendliche pro Jahr. Abgelehnt werde fast niemand. Die Schulen wissen von diesem Angebot. Interessiert sich eine Person für ein Praktikum im handwerklichen Bereich, kann sie direkt an Leibbrand vermittelt werden. Meist handelt es sich dabei um ein einwöchiges Praktikum, in dem die Teilnehmenden unterschiedliche Bereiche des Unternehmens kennenlernen. Sie bekommen Arbeitskleidung gestellt und können Stuckleisten herstellen, eine Wand anmalen oder mit Spachtel und Feinputz arbeiten.
„Es gab schon viele Praktikanten, die später eine Ausbildung bei uns begonnen haben“, so Mürdter. Hilfreich sei auch, dass die Teilnehmenden nach dem Praktikum oft einen Vortrag vor ihren Klassenkameradinnen und -kameraden halten, um über ihre Erfahrungen zu berichten.
Ein weiterer Vorteil der Kooperation: Stellenausschreibungen von Leibbrand können direkt in schulinternen Kanälen wie Apps oder im Intranet der Schule veröffentlicht werden. Auch so können interessierte Jugendliche schnell in Kontakt mit dem Betrieb kommen, ohne sich erst umfassend über Alternativen zu informieren.
Feedbackgespräche zwischen Schule und Betrieb
Nicht alle Aktivitäten funktionieren gleich gut. Und manchmal kommen die Schülerinnen und Schüler selbst auf Ideen, was sie im Betrieb gern ausprobieren möchten. Um solche Dinge berücksichtigen zu können, treffen sich Mitarbeitende von Leibbrand und den jeweiligen Schulen regelmäßig zu Feedbackgesprächen. „Zweimal im Jahr legen wir einen Plan fest, welche Maßnahmen wir in den nächsten Monaten gemeinsam umsetzen möchten“, erklärt der Geschäftsführer.
Der Aufwand sei durchaus groß. Doch er sei auf mehrere Personen verteilt. Kernorganisatorin im Betrieb ist Julia Hieber, Assistentin der Geschäftsführung und zuständig für Marketing. Sie halte auch abseits der Feedbackgespräche den Kontakt zu den Schulen.
Der Mehrwert der Schulkooperationen ist für den Betrieb enorm. „Wir sind bei den Jugendlichen präsent. Sie reden über uns und sehen, dass es im Handwerk sehr gute Karrieremöglichkeiten gibt“, sagt Mürdter. Früher habe es auch bei Lehrkräften oft geheißen, dass ins Handwerk die gehen, die nichts lernen wollen. Dabei seien die Möglichkeiten sehr vielfältig und die Verdienstchancen hervorragend. „Das Handwerk bietet bei entsprechender Leistung und Qualifikation interessante Verdienstmöglichkeiten“, sagt er.
Wenn es besonders gut läuft, lohne sich die Werbung an Schulen sogar doppelt, sagt Mürdter: Denn schließlich komme man auch in Kontakt mit den Eltern und weiterer potenzieller Kundschaft. So können Betriebe sich am Ende über zwei Erfolge freuen: neue Azubis und neue Aufträge.