
Pflegekräfte binden mit Unternehmenskultur
Mitarbeiterbindung in der Pflege: 3 Tipps
Tipp 1 - Unternehmenskultur stärken: Neben der Vergütung sind weiche Faktoren sehr wichtig, um Mitarbeitende zu binden. Es gibt viele Möglichkeiten, um die Unternehmenskultur zu verbessern – von kleinen Aufmerksamkeiten für die Beschäftigten bis zu strukturellen Veränderungen wie einer individualisierten Tagesplanung.
Tipp 2 - Engagiert ausbilden: Selbst auszubilden wird künftig essenziell, um Personalprobleme zu bekämpfen. Machen Sie das nicht halbherzig, sondern investieren Sie in eine hohe Ausbildungsqualität, in der Praxisanleitende verfügbar und kontinuierliche Weiterbildungen möglich sind. Auch Ihre Führungskräfte sollten Sie gut ausbilden und begleiten. So bleiben junge Menschen auch nach der Ausbildung.
Tipp 3 - Perspektiven aufzeigen: Bieten Sie Ihren Beschäftigten Möglichkeiten, sich zu entwickeln – etwa mit individueller Personalentwicklungsplanung. Beteiligen Sie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an innovativen Projekten und suchen Sie Kontakt zu Hochschulen und Instituten, um neue Impulse für Ihre Einrichtung zu bekommen.

Wir leben eine Kultur der Anerkennung und Wertschätzung.
Bernd TrostLeiter des Seniorenzentrums Franziska-Schervier-AltenhilfeManchmal reicht schon ein Teebeutel, um Mitarbeitende zum Lächeln zu bringen. In den beiden Seniorenzentren der Franziska-Schervier-Altenhilfe in Frankfurt gibt es deshalb regelmäßig kleine Tee-Grußkärtchen, zum Beispiel als Aufmerksamkeit am Valentinstag. Und zu ihrem Geburtstag bekommen Beschäftigte eine Tafel Schokolade und ein persönliches Schreiben von Hausleiter Bernd Trost. „Das wird sehr stark wahrgenommen“, sagt Trost. Er werde oft von Pflegekräften angesprochen, die sich für den Brief bei ihm bedankten.
Für den erfahrenen Leiter sind es solche Maßnahmen, die dazu führen, dass Beschäftigte sich im Unternehmen wohlfühlen – und über viele Jahre bleiben. 135 Menschen beschäftigen die beiden Einrichtungen, 95 davon in Pflege und Betreuung. „Wir leben eine Kultur der Anerkennung und Wertschätzung“, erklärt Trost.
Dazu gehört zum Beispiel auch, dass Jubiläen oder erfolgreiche Weiterbildungen alle zwei Monate in einer Mitarbeitendenzeitschrift gewürdigt werden. Oder, dass die Belegschaft Betriebsausflüge macht und vor Weihnachten zu einem großen Bankett eingeladen wird. "Diese Faktoren sind deutlich relevanter geworden im Vergleich zu früher. Die Unternehmenskultur ist wichtiger als das Gehalt”, sagt Trost.
Mitarbeiterzufriedenheit in der Pflege: Work-Life-Balance ist zentrales Thema
Die Zahlen geben ihm Recht: Von Fachkräftemangel ist das Seniorenzentrum weit entfernt. Alle Stellen sind besetzt – tatsächlich gibt es aktuell sogar einen leichten Personalüberhang. Befristete Verträge, um die Personaldecke kurzfristig anpassen zu können, gibt es nicht. Und wer seine Ausbildung in dem Seniorenheim abschließt und bleiben möchte, wird auf jeden Fall übernommen. Aktuell bilden die Einrichtungen 18 Personen aus – neun in der dreijährigen Ausbildung zum Pflegefachmann bzw. zur Pflegefachfrau, neun in der einjährigen Ausbildung zum Altenpflegehelfer bzw. zur Altenpflegehelferin.
Doch wie gelingt es jenseits der kleinen Aufmerksamkeiten im Alltag, die individuellen Bedürfnisse der Beschäftigten zu berücksichtigen? Ein großes Thema sei die Arbeitszeit, berichtet Trost. Das Haus biete allen zunächst eine Vollzeitstelle an. Anders als noch vor einigen Jahren wollten viele Fachkräfte die Arbeitszeit heute aber reduzieren.
„Work-Life-Balance ist ein riesiges Thema“, sagt er. Er versuche, diese Wünsche zu erfüllen, doch der Rahmen dafür sei eng gesetzt. „In aller Regel können wir das durch ganze freie Tage lösen, statt über verkürzte Dienstzeiten.“ Das sei besser, um eine Überlastung von Kolleginnen und Kollegen zu bestimmten Zeiten zu verhindern.
Partizipation: Beschäftigte regelmäßig befragen
Zudem setzt der Heimleiter auf Partizipation. Alle zwei bis drei Jahre gibt es eine große Mitarbeiterbefragung durch einen externen Anbieter. „So können wir genau sehen, was sich die Beschäftigten wünschen“, sagt er. Wichtig ist ihm auch, dass Führungskräfte nahbar und präsent sind. „Es darf kein Jahrhundertereignis sein, wenn Mitarbeitende mal eine Leitung treffen“, sagt Trost. Sich auf Augenhöhe zu begegnen, sei entscheidend.
Dennoch bleibt das Pflichtprogramm für Pflegekräfte natürlich groß. Waschen, Medikamente geben, Essen bringen: Es gibt so viele Aufgaben, dass es schwer sein kann, sich persönlich einzubringen und auf die alten Menschen einzugehen. Was bedeutet das für die Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter?
Trost sagt, in den vergangenen Jahrzehnten habe sich viel verändert. Es gebe neue Berufsbilder und neue Stellen in den Einrichtungen. „Wir haben zum Beispiel die sogenannten Alltagsbetreuer oder Betreuungsassistenten, die Zeit schenken, spazieren gehen und spielen können.“
Er legt auch Wert auf qualifizierte Beschäftigte in der sozialen Betreuung, die Menschen in Krisen begleiten. „Und wir haben eine Mitarbeiterin in der Seelsorge. Diese Angebote stehen nicht nur den Bewohnerinnen und Bewohnern zur Verfügung, sondern auch den Mitarbeitenden.“
Individualisierte Tagesabläufe reduzieren Belastung
Die Belegschaft profitiert zudem von einem Konzept, das eigentlich zum Vorteil für Bewohnerinnen und Bewohner des Hauses gedacht war: den individualisierten Tagesabläufen. „Erst Grundpflege, dann Medikamente, Insulin und abends werden die Inkontinenz-Einlagen verteilt – eine Art industrialisierte Pflege – das haben wir völlig aufgebrochen”, sagt Trost.
Hintergrund ist, dass die alten Menschen im Alltag möglichst selbstbestimmt sein sollen. Eine allgemeine Aufsteh- oder Schlafenszeit gibt es nicht. Wer bis 9 Uhr liegen bleiben möchte, kann das tun, danach frühstücken und gewaschen werden. Wer Tatort oder Spätnachrichten im Fernsehen schaut, bekommt erst danach Besuch von der Nachtwache. „Das hat die Belastungsspitzen für die Mitarbeitenden stark reduziert“, sagt Trost. Die Spätschicht zum Beispiel muss nicht alle zu einer festen Zeit bettfertig machen, sondern überlässt einen Teil der Arbeit der Nachtschicht.
Natürlich müsse man Absprachen treffen und auch schonmal eine Bewohnerin oder einen Bewohner fragen, ob es in Ordnung sei, wenn die Pflegekraft eine halbe Stunde früher oder später komme. Doch insgesamt profitierten alle von diesem Konzept.
Trost ist überzeugt, dass die Beschäftigten zufrieden mit ihrem Arbeitsalltag sind. Erst kürzlich sei der Medizinische Dienst dagewesen. „Im Abschlussgespräch wurde positiv angemerkt, dass bei uns im Haus niemand rennt“, erzählt er. Nicht gehetzt sein, sich auf ein Gespräch mit den Bewohnenden konzentrieren können – das sei im Alltag möglich und sorge für eine entspannte Atmosphäre.
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