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Diversity Management und Krisenbewältigung

Diversity Management und Krisenbewältigung


Zuletzt aktualisiert: 28. Mai 2020

Tina Lachmayr berät Betriebe zu Diversity Management. „Durch Diversity Management lernen Unternehmen angemessen und flexibel auf die individuellen Bedürfnisse ihrer Mitarbeitenden einzugehen“, erklärt sie im Interview.

Diversity Management nimmt den ganzen Menschen in den Blick. Das hilft auch bei der Bewältigung von Krisen. Davon ist Tina Lachmayr überzeugt. Sie leitet die IQ Fachstelle interkulturelle Kompetenzentwicklung und Antidiskriminierung und berät Betriebe in Sachen Diversity Management und einer diskriminierungsfreien Arbeitswelt. 

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„Diversity Management hilft bei der Bewältigung von Krisen“

Vielfalt ist auch in Zeiten von Corona ein wichtiges Thema

Frau Lachmayr, spielt das Thema Diversity Management für Unternehmen in Deutschland eine Rolle?

Lachmayr: Fast alle großen DAX-Konzerne betreiben Diversity Management. Große Unternehmen haben z. B. Stabstellen oder setzen gezielte Maßnahmen um. Sie können das Thema viel intensiver angehen als kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Trotzdem kann man feststellen, dass auch kleinere Betriebe mittlerweile erkannt haben, dass Diversity Management wichtig ist. 3.400 Unternehmen in Deutschland haben mittlerweile die Charta der Vielfalt unterschrieben. Sie bekennen sich zu Diversity im Unternehmen und zu einem offenen und vorurteilsfreien Arbeitsplatz.  

Was würden Sie KMU raten, um das Thema Diversity im eigenen Unternehmen zu stärken?

Lachmayr: Ich würden den Unternehmen ans Herz legen, zunächst einen Diversity-Check durchzuführen. (Hier geht’s zum KMU-Check „Interkultur und Vielfalt im Betrieb“). Auf diese Weise wird man für die unterschiedlichen Dimensionen des Themas Diversity Managements sensibilisiert, wie z.B. Alter, Geschlecht, sexuelle Orientierung, Behinderung, Religion, ethnische Herkunft oder Nationalität. Unternehmen merken nach so einem Test häufig: Wir beschäftigen uns zwar noch nicht umfangreich mit dem Thema – aber es gibt durchaus Ansätze, auf die man aufbauen kann. Die wenigsten Unternehmen starten bei Null. Ich denke, diese Erkenntnis macht Mut, für weitere Schritte.

Was sind dann die nächsten Schritte in Richtung Vielfalt?

Lachmayr:  Diversity muss mehr als ein Lippenbekenntnis sein. Das heißt: Vielfalt muss strukturell im Unternehmen verankert werden. Das geschieht zum Beispiel, durch Diversity-Beauftragte, die das Thema vorantreiben und allen Mitarbeitenden im Unternehmen als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. 

Vieles im Unternehmen muss hinterfragt werden: Zum Beispiel, ob die Stellenausschreibungen vielfältige Zielgruppen erreichen. Und ob man als Arbeitgeber für diese Zielgruppen attraktiv ist. Oder, ob auch Vorurteile und Stereotype Zugangsbarrieren darstellen.

Wichtig ist ein gemeinsames Verständnis aller Mitarbeitenden darüber herzustellen, was unter Vielfalt im Unternehmen zu verstehen ist und welche Verhaltensweisen damit verbunden sind. Es ist deshalb ratsam, ein gemeinsames Leitbild oder einen Wertekodex zu erarbeiten. 
Geschäftsführer*innen bzw. Leitungen sollten signalisieren, dass alle Ebenen an einem Entwicklungsprozess für mehr Vielfalt beteiligt sind. Es muss deutlich werden, dass der Betrieb auch wirtschaftlich von Vielfalt profitieren kann. Ich würde Unternehmen außerdem empfehlen, als sichtbaren Startschuss für das neue Engagement ein Diversity-Training durchzuführen, in dem die Mitarbeitenden bzw. die Führungskräfte an das Thema herangeführt werden.  

Der Diversity-Tag wird in diesem Jahr durch die Corona-Krise überschattet. Ist jetzt der richtige Zeitpunkt für Diversity-Management?

Lachmayr: Diese Frage kann man pauschal natürlich nicht beantworten. Grundsätzlich würde ich aber aufgrund unserer aktuellen Erfahrungen sagen: Diversity Management trägt auch dazu bei, Herausforderungen, wie die aktuelle Krise, besser zu bewältigen.

Diversity ist  ein mehrperspektivischer Ansatz, in dem der Mensch stets ganzheitlich gesehen wird. Unternehmen, die Diversity betreiben, sehen als also nicht nur den Mitarbeiter mit seinen Fachkompetenzen vor sich, sondern den Menschen mit allen seinen Facetten: also z. B. als Familienvater, als älterer Mensch, als Mensch mit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung. 

In der aktuellen Pandemie stehen Mitarbeitende vor vielfältigen Herausforderungen. Fachkräfte aus dem Ausland sorgen sich um ihre Angehörigen, die möglicherweise in Staaten mit einem weniger gut ausgebauten Gesundheitssystem leben. Eltern müssen neben der Arbeit die Beschulung ihrer Kinder gewährleisten. Ältere sorgen sich um die eigene Gesundheit. 

Durch Diversity Management lernen Unternehmen angemessen und flexibel auf die unterschiedlichen, individuellen Bedürfnisse ihrer Mitarbeitenden einzugehen. Das macht den Umgang mit Krisen deutlich einfacher. Insofern lohnt es sich auch am Diversity Tag 2020, sich intensiver mit dem Thema zu beschäftigen.

Wir danken Frau Lachmayr für das Gespräch.