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Führen in Teilzeit – Ein Blick in die Praxis

Führen in Teilzeit – Ein Blick in die Praxis

Wie kann Führen in Teilzeit funktionieren? Sabine Goebbels, Director Human Resources bei Gambit Conulting, erklärt wie es funktioniert und worauf es ankommt.

Sabine Goebbels ist studierte Volljuristin und Mutter einer zehnjährigen Tochter. Zurzeit arbeitet sie mit einer 80-Prozentstelle als „Director Human Resources“ bei der SAP-Beratungsfirma GAMBIT Consulting GmbH.

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Sabine Goebbels: „Ich wurde als Teilzeit-Chefin immer akzeptiert“

Frau Goebbels, Sie haben sich nach der Geburt ihrer Tochter dazu entschieden, Ihre Führungsposition in Teilzeit auszufüllen. Was waren Ihre größten Bedenken?

Goebbels:  Ich hatte wenig Bedenken. Bei meinem vorherigen Arbeitgeber habe ich bereits vor der Schwangerschaft acht Jahre in dem Unternehmen gearbeitet und habe das Wachstum des Unternehmens von 30 auf weltweit 750 Mitarbeiter begleitet. Wer so eine Phase mitgestaltet, identifiziert sich mit seinem Arbeitgeber und seinem Unternehmen. Mir und meinem Team war völlig klar: Ich komme nach der Babypause als Führungskraft zurück und wir können uns gegenseitig aufeinander verlassen. Da gab es von keiner Seite Zweifel.

Was hat sich bei Ihrer Rückkehr dennoch verändert?

Goebbels:  Ich musste lernen, mehr Aufgaben an meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abzugeben. Das ist mir anfangs schwergefallen. Dann fand ich es aber schön zu sehen, wie die Kolleginnen und Kollegen das entstandene Vakuum plötzlich ausgefüllt haben. Sie sind in neue Rollen reingewachsen und haben mehr Verantwortung übernommen. Wir sind als Team gewachsen. Grundsätzlich war es damals aber auch so, dass ich jederzeit für wichtige Entscheidungen erreichbar war.

Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter konnten Sie immer anrufen?

Goebbels:  Ja. Ich arbeite gerne! Multi-Tasking macht mir Spaß. Ich fand es nicht schlimm, wenn meine Kollegen mich auf dem Spielplatz oder beim Kinderarzt angerufen haben. Dies ist auch heute bei meinem jetzigen Arbeitgeber der GAMBIT Consulting GmbH so. Ich versuche jedoch, für mich eine noch bessere Trennung zwischen Beruf und Privat zu erreichen, indem ich weniger Homeoffice und mehr Arbeitszeit vor Ort im Büro verbringe. Meine Geschäftsführer in der GAMBIT unterstützen mich dabei sehr und haben jederzeit volles Verständnis für meine Belange als Mutter.

Wie findet man heraus, welche „Spielregeln“ die Richtigen sind?

Goebbels:  Ich finde es ganz wichtig, im Vorfeld Erwartungsmanagement zu betreiben. Das Unternehmen und die Führungskraft sollten sich für ein solches Gespräch Zeit nehmen. Es ist wichtig, ehrlich zu sein: Welche Erwartungen hat das Unternehmen an eine Führungskraft in Teilzeit? Welche Erwartungen hat die Führungskraft an das Unternehmen? Und wie lassen sich beide Vorstellungen in Einklang bringen? – Nur wer diese Fragen klärt, kann Konflikte vermeiden und eine reibungslose Teamführung sicherstellen.

Welche Voraussetzungen müssen im Unternehmen vorliegen, um Führen in Teilzeit zu einem Erfolgsmodell zu machen?

Goebbels:  Wichtige Voraussetzungen sind eine Vertrauenskultur, flexible Arbeitszeitmodelle und flache Hierarchien. – In einem solchen Kontext können Führungskräfte auch in Teilzeit erfolgreich arbeiten. In Unternehmen mit Präsenzpflichten und einem ausgeprägten Statusdenken stelle ich mir ein solches Modell schwierig vor. Da fallen dann Führungskräfte auf, wenn sie um 14 Uhr das Büro verlassen, um den Nachmittag mit dem Kind zu verbringen.

Was können Unternehmen tun, um Frauen und Männern zu signalisieren, dass Führung in Teilzeit eine Option ist?

Goebbels:  Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich sagen, dass es sich lohnt, positive Vorbilder im Unternehmen sichtbar zu machen. Lange bevor ich selbst über Kinder nachgedacht habe, bin ich auf einer Veranstaltung Angelika Gifford begegnet, damals Mitglied der Geschäftsleitung der Microsoft Deutschland GmbH. Sie hat genauso leidenschaftlich von ihrer Familie erzählt, wie von ihrer Arbeit. Das hat mich unglaublich beeindruckt und unterbewusst wohl auch geprägt.

Genauso wichtig finde ich es, das Thema Familienplanung aus der Tabu-Ecke zu befreien. In meiner alten Firma haben viele junge Frauen als Beraterinnen gearbeitet. Als Personal-Chefin habe ich einen Workshop angeboten, in dem ich darüber aufgeklärt habe, dass unser Unternehmen einen Berater-Alltag auch in Teilzeit ermöglicht. Uns war wichtig zu signalisieren: Wenn Du über Familie nachdenkst, musst Du nicht kündigen und Dir in einem anderen Unternehmen einen „ruhigen“ Job suchen. Wir unterstützen Dich und wir gehen den Weg mit Dir gemeinsam. Nach diesem Workshop ist die Schwangerschaftsquote im Unternehmen tatsächlich angestiegen. Die Frauen haben uns vertraut und sind bei uns geblieben. Wir konnten wertvolle Mitarbeiterinnen halten. Das war ein großer Erfolg. Auch bei der GAMBIT Consulting GmbH denken wir so und ermöglichen ein Umfeld, in dem Kinder und Beruf sehr gut miteinander vereinbar sind.

Podcast-Tipp

Führen in Teilzeit nicht nur möglich, sondern angesagt ist. In unserem Podcast KOFA auf dem Sofa verraten wir Ihnen, was Unternehmen ganz konkret tun können, um Teilzeit- und Jobsharing-Modelle voranzutreiben.

Mehr dazu erfahren

Praxis-Tipps: „Führen in Teilzeit“ erfolgreich umsetzen

Ihnen ist es als Unternehmen wichtig, Führung in Teilzeit zu ermöglichen. Folgende konkrete Tipps helfen Ihnen bei der Umsetzung: 

  • Etablieren Sie eine Vertrauenskultur im Unternehmen. Bestärken Sie Ihre Mitarbeitenden unabhängig von Ort- und Zeit selbständig und ergebnisorientiert zu arbeiten. 
  • Betreiben Sie Erwartungsmanagement: Sprechen Sie über die gegenseitigen Erwartungen zu Führung in Teilzeit. Identifizieren Sie frühzeitig mögliche Konflikt-Themen und suchen Sie individuell nach passenden Lösungen.  
  • Flexible Arbeitszeiten kommen nicht nur Teilzeit-Kräften zu Gute. Wer flexible Arbeitszeitmodelle anbieten kann, wird als Arbeitgeber attraktiv.  
  • Gehen Sie offensiv mit Führen in Teilzeit um. Ermutigen Sie qualifizierte Mütter und Väter ausdrücklich, auch in der Familienphase ihre Karriere voranzutreiben und Führungsaufgaben zu übernehmen.   
  • Schaffen Sie Vorbilder. Ein Bericht im Mitarbeiterportal oder interne Austauschveranstaltungen. Es gibt viele Möglichkeiten, Vorbilder ins Bewusstsein der Belegschaft zu rücken.  
  • Setzen Sie auf vertrauensbasierte Führung. Nur wer den Mitarbeitenden etwas zutraut, kann Aufgaben delegieren. Für Führungskräfte in Teilzeit ist dies besonders wichtig.