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Führen in Teilzeit: Führungskräftemangel in KMU vorbeugen

Führen in Teilzeit: Führungskräftemangel in KMU vorbeugen

Führen in Teilzeit ist in Deutschland noch immer die Ausnahme. Dabei bietet Teilzeitführung viel Potenzial für KMU, Führungskräftemangel vorzubeugen und eine bessere Vereinbarkeit von Führung und Privatleben umzusetzen. In diesem Artikel erfahren Sie, worauf es dabei ankommt.

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Was bedeutet Führen in Teilzeit?

Führen in Teilzeit bedeutet, eine Führungsposition mit reduzierter Arbeitszeit auszuüben und dabei die Führungsverantwortung weiterhin vollständig wahrzunehmen. Der genaue Umfang der Arbeitszeit ist nicht definiert. Unter Teilzeit kann grundsätzlich jede Tätigkeit verstanden werden, deren Arbeitszeit geringer ist als die von vergleichbaren Vollzeitarbeitnehmerinnen und –nehmern. Die Spannweite reicht hier folglich von einem geringen Stundenumfang bis zu vollzeitnaher Teilzeit.

In der Praxis wird Teilzeitführung häufig mit anderen Formen der Arbeitsorganisation verknüpft, wie dem Job Sharing, bei dem sich mindestens zwei Beschäftigte eine Vollzeitstelle aufteilen. Auf Führungsebene wird in diesem Fall häufig von Shared Leadership oder Top Sharing gesprochen.

Chancen und Herausforderungen von Führung in Teilzeit

Die Chancen und Herausforderungen hängen von der individuellen Gestaltung und den Anforderungen an die Führungsposition ab. Maßgeblich sind der vereinbarte Stundenumfang sowie der genaue Zuschnitt der Stelle.

Chancen:

  • Talente entwickeln: Teilzeitführung ermöglicht es Unternehmen, auch talentierte Beschäftigte mit verringerter Arbeitszeit zu fördern.
  • Führungskräftemangel vorbeugen: Führung in Teilzeit erweitert den potenziellen Bewerberkreis für Führungspositionen, wodurch die Besetzungschancen deutlich erhöht werden.
  • Erhöhung der Arbeitgeberattraktivität: Angebote zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben – insbesondere für Führungskräfte – erhöhen die Arbeitgeberattraktivität des gesamten Unternehmens.
  • Stärkere Personalbindung: Die Berücksichtigung privater Bedürfnisse honorieren Beschäftigte ihren Arbeitgebern häufig mit Loyalität. Das senkt die Fluktuation, spart Rekrutierungskosten und hält das Wissen der Angestellten im Unternehmen.
  • Chancengleichheit herstellen: Teilzeitführung ermöglicht auch Personen mit umfangreichen privaten Verpflichtungen das Erreichen von Führungspositionen.

Herausforderungen:

  • Geringere Flexibilität: Weniger Arbeitsstunden schränken den Raum für Meetings, Absprachen und Austausch ein.
  • Verdichtung der Arbeit: Wenn Arbeitsvolumen und Arbeitszeitreduzierung nicht optimal aufeinander abgestimmt sind, kommt es zu starker Verdichtung der Arbeit und gegebenenfalls zur Überlastung.
  • Präzise Abstimmung: Durch geringere Anwesenheitszeiten müssen Absprachen besonders präzise erfolgen, damit der Arbeitsfluss in Abwesenheit nicht unterbrochen wird.
  • Informationsdefizite vermeiden: Effektives Informationsmanagement ist für gute Führung in Teilzeit elementar. Eindeutige Protokolle und aktiv gestalteter Kontakt zum Team sind zentral.

Wie verbreitet ist Führung in Teilzeit?

Führen in Teilzeit ist die Ausnahme in Deutschland: Im Jahr 2020 gaben nur 12,6 Prozent der Führungskräfte an, in Teilzeit zu führen. Die wichtigsten Befunde einer aktuellen KOFA-Studie im Überblick:

  • Frauen führen deutlich häufiger in Teilzeit als Männer
  • Je kleiner das Unternehmen, desto größer ist der Anteil an Teilzeit-Führungskräften
  • Der Hauptgrund für Teilzeitführung sind bei Frauen persönliche oder familiäre Verpflichtungen. Bei Männern ist der häufigste Grund der Wunsch nach Teilzeit.
  • Männer nutzen Teilzeitführung deutlich häufiger für Aus- und Fortbildung als Frauen.

Einführung von Teilzeitführung - 5 Schritte

Führung in Teilzeit gelingt nur, wenn die Einführung gut durchdacht ist und die Auswirkungen der Umstellung ernst genommen werden. Die konkrete Gestaltung des Prozesses kann je nach Unternehmen variieren. Der folgende Ablauf dient als Orientierung, wenn Teilzeitführung unternehmensweit ausgerollt werden soll und nicht ausschließlich als Einzelabsprache umgesetzt wird.

1. Ankündigung und Vorbereitung

Ankündigung: Kündigen Sie das Projekt zur Implementierung von Teilzeitführung im Unternehmen an. Nutzen Sie dazu alle internen Kanäle, wie Mitarbeiterversammlungen, Führungstreffen, Intranet oder die Unternehmenszeitung.

Austausch: Veranstalten Sie eine Diskussionsveranstaltung mit relevanten Interessengruppen: Personalabteilung, Führungskräfte, Mitarbeitervertretung, Gleichstellungsbeauftragte etc.

Wichtige Aspekte, die besprochen werden sollten:

  • Welche Ziele werden mit dem Angebot zur Teilzeitführung verfolgt?
  • Welche Erfahrungen haben wir mit Teilzeitarbeit im Unternehmen gesammelt?
  • Welche Zielgruppen gibt es innerhalb und außerhalb des Unternehmens?
  • Konkrete Abstimmung der weiteren Vorgehensweise
  • Welche begleitenden Maßnahmen bieten wir bei Schwierigkeiten an?

2. Situationsanalyse

Pilot-Phase vorbereiten: Gründen Sie ein Projektteam und bestimmen Sie einen Unternehmensbereich, in dem Teilzeitführung pilotiert werden kann (z. B. Marketingabteilung oder Forschung und Entwicklung etc.). Einigen Sie sich auf konkrete Führungspositionen, die infrage kommen.

Rahmenbedingungen analysieren: Untersuchen Sie die Rahmenbedingungen der gewählten Pilot-Positionen (Arbeitszeitregelungen, Organisationskultur, Personalstruktur, Stellenplan, Vertretungsregeln, Gesetze etc.). Beantworten Sie ausführlich die Frage: Welche Anforderungen organisatorischer, rechtlicher sowie inhaltlicher Art sind mit der Position fest verbunden?

3. Konzeption

Modell festlegen: Diskutieren Sie im Projektteam, ob die Teilzeitführung in der jeweiligen Position mit einem Modell der Arbeitsorganisation verknüpft werden soll, z. B. Job Sharing. Im Zentrum dieser Frage steht, ob die Anforderungen an die Position mit nur einer Teilzeitstelle erfüllt werden können oder ob zwangsläufig mehrere Teilzeitkräfte benötigt werden, um dem Aufgabenumfang gerecht zu werden.

Stellenprofil festlegen: Gestalten Sie ein Aufgabenprofil, das mit den abgesteckten Rahmenbedingungen realistisch zu erfüllen ist. Hilfreiche Leitfragen können sein:

  • Was soll die Führungskraft leisten? Welcher zeitliche Umfang ist dazu notwendig?
  • Wie soll die Verteilung von Verantwortlichkeiten gestaltet werden, falls eine Führungsposition geteilt wird?
  • Wie kann eine Stellenvertretung bei Abwesenheit gewährleistet werden?
  • Welche Schnittstellenfunktion nimmt die Position ein? Welche Informationsflüsse müssen sichergestellt werden? Wie kann dies gelingen?
  • Wo besteht Konfliktpotenzial?


Für die Festlegung der Anforderungen kann ein 360-Grad-Check hilfreich sein. Prüfen Sie dazu für jede Position die individuelle Einbindung in Ihr Unternehmen und die damit verbundenen Aufgaben, insbesondere hinsichtlich des Umfangs, der Häufigkeit und des Ablaufs.

Abbildung: 360-Grad-Check bei der Einführung von Teilzeitführung.


4. Einführung

Kommunikation: Informieren Sie auf allen relevanten Kanälen über den Beginn der Pilot-Phase zur Führung in Teilzeit.

Teams einbeziehen: Laden Sie innerhalb der betroffenen Teams offen dazu ein, Feedback und Einschätzungen während der Testphase mit der Leitungsebene zu teilen. Sollte es durch die Teilzeitführung zu neuen Anforderungen an die Teams kommen, kommunizieren Sie diese deutlich (z. B. eingeschränkte Erreichbarkeit von Vorgesetzten, erhöhte Relevanz präziser Planung und detaillierter Protokolle).

5. Evaluation

Monitoring: Begleiten Sie die Pilotphase sechs bis zwölf Monate mit einem gezielten Monitoring. Teil des Monitorings kann ein Erfahrungsbericht der Teilzeitführungskräfte sowie ein Team-Tagebuch sein. Auch die Ergebnisse regelmäßiger Mitarbeitergespräche können in das Monitoring einfließen.

Weiterentwicklung: Diskutieren Sie nach einer Gesamtschau des Monitorings mit allen Beteiligten Herausforderungen sowie Chancen, die sich im Projektzeitraum gezeigt haben.

  • Wo gab es Konflikte? Warum?
  • Welche Potenziale zeigen sich für das Team und/oder die Führungskräfte?
  • Gibt es Herausforderungen, die mit Weiterbildungen entschärft werden können?
  • War der vereinbarte Stundenumfang dem Aufgabenumfang angemessen?
  • Muss die Stelle mit mehr Stunden besetzt werden? Durch eine weitere Person? Durch Ausweitung der Arbeitszeit?

Überblick: Teilzeitmodelle für Führungskräfte

Die Gestaltungsmöglichkeiten für Führung in Teilzeit sind vielfältig. Insbesondere hinsichtlich der Dauer und Verteilung der Arbeitszeit gibt es viele Möglichkeiten.  Zentrale Fragen sind:

  • In welchem Stundenumfang wird gearbeitet?
  • Auf wie viele Arbeitstage werden die Stunden verteilt?

Vollzeitnahe Teilzeit

Ein beliebtes Modell zur Teilzeitführung ist die vollzeitnahe Teilzeit, bei der die Wochenarbeitszeit auf 75 % - 90 % reduziert wird. Der Aufgabenzuschnitt und die Verantwortung bleiben dabei in der Regel weitestgehend unverändert. Ein großer Vorteil der vollzeitnahen Teilzeitführung ist, dass sie organisatorisch vergleichsweise einfach umzusetzen ist, da eine leichte Kürzung der Stunden in der Regel keine großen Anpassungen der Stelle erfordert. Werden jedoch lediglich die Stunden, aber nicht die Aufgaben angepasst, besteht das Risiko der Arbeitsverdichtung seitens der Führungskraft oder des Teams.

Job Sharing

Job Sharing, im Führungskräftebereich auch „Top Sharing“ genannt, beschreibt die Aufteilung einer Führungsposition auf mindestens zwei Personen. Eine 50:50-Aufteilung der Arbeitszeit ist zwar naheliegend, aber nicht die einzige Möglichkeit. Gehalt und Aufgabenpaket werden entsprechend der Aufteilung gestaltet. Beim Job Sharing werden die Aufgaben der Führungsposition gemeinsam wahrgenommen.

Job Splitting

Job Splitting beschreibt wie Job Sharing die Aufteilung einer Position. Der Unterschied liegt darin, dass die Position bei Job Splitting so aufgeteilt wird, dass die teilenden Führungskräfte ihre Führungsaufgaben unabhängig voneinander erfüllen können. Im Gegensatz zu Job Sharing zeichnet sich Job Splitting folglich durch geringeren Abstimmungs- und Kooperationsbedarf aus.

Vertretermodell

Beim Vertretermodell reduziert in der Regel eine erfahrene Führungskraft ihren Arbeitsumfang, während eine Vertreterin oder ein Vertreter die Reduktion ausgleicht. Grundsätzlich handelt es sich hierbei um eine spezielle Variante des Top-Sharings. Vorteile des Vertretermodells sind, dass in der Regel Personalkosten reduziert werden können, da erfahrene Führungskräfte in der Regel kostenintensiver sind. Des Weiteren kann talentiertes Personal auf die Übernahme von Führungsverantwortung vorbereitet werden, da sich im Vertretermodell häufig altersgemischte Teams bilden, was sich positiv auf die Weitergabe von Wissen auswirkt.

Fazit

Teilzeitführung ist mehr als nur ein Entgegenkommen – sie ist eine strategische Antwort auf den wachsenden Mangel an Führungskräften und die sich verändernden Erwartungen an die moderne Arbeitswelt. Gerade kleine und mittlere Unternehmen profitieren davon, wenn sie Führungspositionen flexibler gestalten. So erschließen Sie neue Talentgruppen, steigern Ihre Arbeitgeberattraktivität und fördern die langfristige Bindung qualifizierter Mitarbeitender. Klar ist: Unabhängig vom Geschlecht wünschen sich ambitionierte Fachkräfte heute Vereinbarkeit – nicht statt Verantwortung, sondern als Voraussetzung für nachhaltiges Engagement.

 

Quellen:

Désirée H. Ladwig & Michel E. Domsch (2023): Chancen und Risiken bei der Implementierung von Teilzeitführung, Springer Books, in: Anja Karlshaus & Boris Kaehler (Hrsg.), Teilzeitführung, edition 2, chapter 0, pages 151-164, Springer.

Karlshaus, A. & Schmitz, M. (2023): Teilzeitführung als Maßnahme zur Umsetzung von Sustainable Development Goals (SDGs) im Rahmen eines Nachhaltigen Personalmanagements. In: Anja Karlshaus & Boris Kaehler (Hrsg.), Teilzeitführung, edition 2, 239-260, Springer.

Karlshaus, A. (2020): Implementing part-time leadership as instrument for sustainable HR management. Int J Corporate Soc Responsibility 5, 9. doi.org/10.1186/s40991-020-00053-3

Katterbach, S. & Stöver, K. (2019): Effektiver und besser führen in Teilzeit. Wiesbaden: Springer Gabler.

Koneberg, F., Malin, L., Werner, D. (2024): Wer führt in Teilzeit? Fachkräftepotenzial trotz privater Mehrbelastung erschließen, Studie im Rahmen des Projektes Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KOFA) in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), Köln

Mogler, B. (2013): Führen in Teilzeit – Unternehmen etablieren flexible Arbeitszeitmodelle auf Leitungsebene [leading in part-time – Companies establish flexible working time models on management level]. Arbeit und Arbeitsrecht, 68(7), 414–416.

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