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„Employer Branding ist für kleine Betriebe wichtig – und machbar“

„Employer Branding ist für kleine Betriebe wichtig – und machbar“


Zuletzt aktualisiert: 15. August 2023

Identifizieren Sie Ihre Stärken und Schwächen im Unternehmen, um gezielt kommunizieren zu können.

Wer Fachkräfte sucht oder halten will, sollte unbedingt seine Stärken und Schwächen herausarbeiten. Denn das ist die Voraussetzung, um sich als Arbeitgeber gezielt attraktiv machen zu können. Marcus Merheim, Vorsitzender des Ressorts „Arbeitswelt der Zukunft“ beim Bundesverband Digitale Wirtschaft und Gründer der Beratung „hooman Employer Marketing“, hilft Betrieben dabei. Er erklärt, worauf es beim Employer Branding für KMU ankommt.

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3 Tipps zu Employer Branding von Marcus Merheim

1. Stärken und Schwächen ermitteln: Fragen Sie Ihre Mitarbeitenden, was sie am Unternehmen schätzen und wo sie Probleme sehen. Das hilft Ihnen, sich klarzumachen, welche Vorzüge Sie in der internen und externen Kommunikation betonen können – und wo Sie sich verbessern können.  

2. Werte definieren:  Halten Sie schriftlich fest, was Ihr Unternehmen ausmacht und wofür es steht. Diesen Markenkern zu kennen, ist die Basis für alle weiteren Maßnahmen.  

3. Vorzüge kommunizieren: Bewerberinnen und Bewerber wollen wissen, was einen Arbeitgeber ausmacht. Beschreiben Sie es auf Ihrer Karriereseite. Erklären Sie zum Beispiel, wie das Unternehmen sich für mehr Nachhaltigkeit einsetzt und warum Mitarbeitende gerne bei Ihnen arbeiten.  

Was ist mit dem Begriff Employer Branding genau gemeint?

Aus meiner Sicht bedeutet Employer Branding, dass Arbeitgeber eine Identität entwickeln – also sich klar werden und festhalten, wer sie eigentlich sind. Das ist sehr hilfreich, um Mitarbeitende im Betrieb zu halten und neue zu finden. Dazu gehört, folgende Fragen beantworten zu können: Was sind die Vorzüge meines Unternehmens? Warum fangen Menschen hier an und bleiben? Was sollten wir verbessern? Gut 40 Prozent des Employer Branding drehen sich also darum, die eigenen Stärken und Schwächen zu ermitteln und Veränderungen im Unternehmen umzusetzen, um sich zu verbessern.

Und die anderen 60 Prozent?

Die drehen sich um die Kommunikation. Wer seine Stärken und Schwächen als Arbeitgeber kennt, muss sich überlegen, wie er sie am besten nach innen und außen kommuniziert. Die Zeiten, in denen man kistenweise Bewerbungen bekam, sind vorbei. Arbeitgeber müssen sich gezielt attraktiv machen. Potenzielle Bewerberinnen und Bewerber werden sich ohnehin ein Bild davon machen, wofür das Unternehmen steht. Employer Branding ist die Chance, dieses Bild in die richtige Richtung zu lenken. Für kleine Mittelständler, die unbekannter sind als Konzerne, ist das besonders wichtig. 

Wie starten diese denn am besten mit dem Employer Branding?

Der Prozess lässt sich in vier Phasen unterteilen. Phase eins ist die Analyse: Hier geht es darum, festzuhalten, welches Ziel man erreichen will und welche Fachkräfte man dafür braucht. Ist das Ziel des Unternehmens klar definiert? Gibt es Leitlinien und ein Wertebild? Ist das alles noch zeitgemäß oder sind Veränderungen nötig?

Machen Geschäftsführung oder Personalabteilung das allein?

In jedem Fall sollten sie sich bei den Mitarbeitenden umhören, wie die Stimmung ist und welche Herausforderungen sie sehen. Das sollte mit in die Bestandsaufnahme einfließen. Die Mitarbeitenden spielen dann auch in der zweiten Phase eine zentrale Rolle: Hier sollten sie in kleinen Gruppen zusammengebracht werden und systematische Fragen beantworten. Wie ist es, hier zu arbeiten? Was hält euch? Warum habt ihr euch beworben? Was wünscht ihr euch? Bei den Antworten erkennt man schnell Muster und kann Elemente definieren, die die Kultur des Unternehmens beschreiben. Daraus die wichtigsten Werte abzuleiten – quasi den eigenen Markenkern – ist das Fundament für alles Weitere.

Nennen Sie uns ein Beispiel für einen solchen Wert, den Betriebe ableiten sollten.

Ein Beispiel ist Nachhaltigkeit. Unternehmen können erklären, warum sie ihnen wichtig ist und wie sie diese durch ihr Geschäftsmodell und im Alltag konkret fördern. Ein anderes Beispiel ist eine Duz-Kultur. Aber Achtung: Wenn man das festlegt, sollte man es auch umsetzen – und nicht im Bewerbungsprozess die Kandidatinnen und Kandidaten siezen.

Wie geht es dann weiter?

In Phase drei folgt die interne Verankerung der Ergebnisse. Die Belegschaft sollte über die Werte und Veränderungen informiert werden. Am besten schreibt man das nicht nur ans schwarze Brett, sondern nutzt das Sommerfest oder veranstaltet einen Umtrunk. Führungskräfte sollten auch für sich selbst Leitlinien festlegen. Dann fehlt noch Phase vier, die Außenkommunikation. Es geht darum, festzulegen, wie das Unternehmen für Außenstehende beschrieben werden soll. Welche Eigenschaften machen es aus? Was steht auf der Karriereseite? Wie läuft der Bewerbungsprozess?

Das klingt nach viel Arbeit. Gerade kleine Betriebe haben oft wenig Kapazitäten, um noch mehr Aufgaben zu stemmen.

Man muss sich schon gezielt Zeit dafür nehmen und auch Geld investieren. Aber das sollte niemanden abschrecken. Die Phasen, die ich gerade skizziert habe, müssen nicht eins zu eins so eingehalten werden. Viele Unternehmen starten nicht auf der grünen Wiese, befragen schon regelmäßig ihre Mitarbeitenden oder führen Feedbackgespräche. Das ist ein guter Ausgangspunkt, um Verbesserungspotenzial und Werte abzuleiten. Auch die Ziele machen einen Unterschied: Wer zum Beispiel nicht weiter wachsen will, könnte den Fokus stärker auf die interne statt auf die externe Kommunikation legen. Und das Gute ist: Wer das einmal gemacht hat, kann die nächsten fünf bis sieben Jahre darauf aufbauen und die Ergebnisse auf sämtlichen Kanälen nutzen – vom Intranet über Stellenanzeigen bis zur Webseite.

Lassen Sie uns noch über ein paar konkrete Beispiele für Employer Branding sprechen. Welche Maßnahme würden Sie immer empfehlen?

Die Karriereseite mit nahbaren, emotionalen Inhalten zu befüllen. Beschreiben Sie, wie das Arbeiten im Unternehmen ist – etwa nach dem Motto: „Wir sind alle Nerds und lieben Technologien“. Oder erklären Sie, wie die Produkte des Unternehmens und die Arbeit der Beschäftigten helfen, die Welt zu verbessern.

Marcus MerheimVorsitzender des Ressorts „Arbeitswelt der Zukunft“ beim Bundesverband Digitale Wirtschaft und Gründer der Beratung „hooman Employer Marketing"

Wie wichtig ist Social Media beim Employer Branding?

Social Media ist sehr hilfreich für Unternehmen, die wachsen wollen. Denn sie können dort mit potenziellen Bewerberinnen und Bewerbern in Kontakt treten. Es kommt aber darauf an, den richtigen Kanal auszuwählen. Wer Bäckerinnen oder Elektroinstallateure sucht, findet sie vermutlich nicht bei LinkedIn. Manchmal hilft auch ein Plakat, die klassische Anzeige in der Zeitung oder Präsenz vor Ort, zum Beispiel bei einer Karrieremesse.

Und was ist ein typischer Fehler beim Employer Branding?

Ein historisches Foto des Firmengebäudes auf die Webseite packen und schreiben: Uns gibt es schon seit 125 Jahren. Das transportiert keine Emotionen. Besser ist, Menschen aus dem Unternehmen zu zeigen und was sie vorantreiben.

Wir bedanken uns für das Gespräch.