
Arbeitszeit erhöhen: Tipps für KMU
Wissen Sie eigentlich, ob Beschäftigte Ihres Unternehmens gerne ihre Arbeitszeit erhöhen würden? Falls nicht, sollten Sie einen genauen Blick auf die Belegschaft werfen. Denn insbesondere vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels ist es für Unternehmen wichtig, die vorhandenen Potenziale im Betrieb auszuschöpfen. Mit den richtigen Rahmenbedingungen und maßgeschneiderten Angeboten können Sie Ihre Beschäftigten dabei unterstützen, ihre Arbeitszeit aufzustocken, und gleichzeitig Engpässe abfedern.
Mehr arbeiten? Viele Beschäftigte möchten das!
Einige Beschäftigte in Deutschland möchten ihre Arbeitszeit gerne erhöhen, werden jedoch aus unterschiedlichen Gründen daran gehindert. Für Unternehmen stellen diese Beschäftigten ein ungenutztes Potenzial dar, um Personalengpässen entgegenzuwirken.
Zwei Gruppen sollten Sie in den Blick nehmen: Unfreiwillig Teilzeitbeschäftigte und durch Anreize motivierte Beschäftigte.
Unfreiwillig Teilzeitbeschäftigte
Wer unfreiwillig in Teilzeit arbeitet, würde eigentlich gerne die Arbeitszeit erhöhen, wird aber aus verschiedenen Gründen daran gehindert. Personen im Alter von 25 bis 34 Jahren sind am häufigsten betroffen.
Die Gründe sind vielfältig: Einige Personen können keine Vollzeittätigkeit finden, andere wiederum arbeiten aufgrund persönlicher oder familiärer Verpflichtungen in Teilzeit. Inwieweit bei Betreuungs- und Pflegepflichten von unfreiwilliger Teilzeit gesprochen werden kann, ist eine Interpretationsfrage.
Jedoch geht aus Studien hervor, dass eine veränderte Betreuungssituation oder erhöhte Arbeitsflexibilität, die Bereitschaft zur Mehrarbeit beeinflussen. So erhöhen Homeoffice (57%), flexible Arbeitszeiten (55%) und bessere Kinderbetreuung (39%) die Bereitschaft zur Ausweitung der Arbeitszeit bei vielen Beschäftigten (siehe Abbildung).
Mitarbeitende durch Anreize motivieren
Auch finanzielle Anreize motivieren einige Beschäftigte, ihre Arbeitszeit zu erhöhen. So würde mehr als ein Drittel der Teilzeitbeschäftigten die eigene Arbeitszeit dauerhaft erhöhen, wenn ihnen eine einmalige Prämie gezahlt würde [1].
Bedürfnisse von Mitarbeitenden verstehen und Potenziale finden
Um herauszufinden, welche Anreize in Ihrem Betrieb funktionieren könnten, um Arbeitszeit-Potenziale zu heben, müssen Sie Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter befragen.
1. Schritt: Herausfinden, wer mehr arbeiten möchte
Wenn Sie die individuelle Arbeitszeit erhöhen möchten, ist ein offener Austausch mit Ihren Mitarbeitenden entscheidend. Machen Sie deutlich, dass Ihr Unternehmen bereit ist, flexible Lösungen zu finden, damit Beschäftigte, die möchten, mehr arbeiten können. Wichtig ist, dass niemand den Eindruck gewinnt, Teilzeitarbeit sei unerwünscht. Das Ziel besteht allein darin, diejenigen zu unterstützen, die ihre Arbeitszeit erhöhen möchten.
Sprechen Sie gezielt mit Ihren Mitarbeitenden: Wer möchte mehr arbeiten und was steht dem bisher im Weg? Sind es persönliche Gründe oder organisatorische Hürden? Präsentieren Sie, wenn vorhanden, Beispiele für gelungene Lösungen, und zwar über verschiedene Hierarchieebenen und Altersgruppen hinweg.
Um die Bedürfnisse und Wünsche Ihrer Beschäftigten zu erfassen, eignen sich insbesondere zwei Methoden: Mitarbeitergespräche und Mitarbeiterbefragungen. Beide können unkompliziert und ressourcenschonend umgesetzt werden. Sie liefern nicht nur Zahlen und Hintergründe, sondern stärken auch die Beziehung zwischen Führungskräften und Mitarbeitenden.

Natürlich ist es auch schon mal herausfordernd, die Wünsche der Beschäftigten mit denen des Unternehmens zu vereinbaren. Aber das nehmen wir gerne auf uns. Das wird von den Mitarbeitenden gut angenommen und wertgeschätzt.
Michael Fuhlrott Personalleiter bei Krieger + Schramm2. Schritt: Passgenaue Maßnahmen entwickeln
Nachdem Sie ermittelt haben, ob es Potenziale für Arbeitszeiterhöhungen gibt und welche Hindernisse dem bisher entgegenstehen, sollten Sie entsprechende Angebote entwickeln. Ziel ist es, sicherzustellen, dass Ihre Beschäftigten die notwendigen Ressourcen und Möglichkeiten erhalten, um ihre Arbeitszeit zu erhöhen.
Folgende Angebote und Maßnahmen können Sie in den Blick nehmen:
Arbeitszeit flexibilisieren
Die Flexibilisierung der Arbeitszeit ist ein zentraler Hebel, um Mitarbeitenden mehr Spielraum zu geben, ihre Arbeitszeit an individuelle Bedürfnisse anzupassen. Das kann sich beispielsweise in einem früheren oder späteren Arbeitsbeginn oder variablen Pausenregelungen ausdrücken. Die Flexibilisierung der Arbeitszeit verbessert nicht nur die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, sondern eröffnet auch Freiräume für eine Ausweitung der Arbeitszeit. Entscheidend ist dabei eine transparente und faire Umsetzung, damit sich alle Beschäftigten gleichermaßen berücksichtigt fühlen.
Wie kann KI bei der Flexibilisierung von Arbeitszeiten helfen?
KI-gestützte Systeme können Schichtpläne automatisch an individuelle Präferenzen anpassen und dabei zugleich betriebliche Anforderungen berücksichtigen. Zudem ermöglichen KI-basierte Planungstools, kurzfristige Änderungen schneller und gerechter zu verteilen. Auch Prognosen zum Arbeitsaufkommen (etwa saisonale Veränderungen) können dabei helfen, Spitzenzeiten besser zu managen und Mitarbeitenden passende Zusatzstunden anzubieten. Auf diese Weise ermöglichen digitale Lösungen nicht nur, den organisatorischen Aufwand zu senken, sondern schaffen auch Vertrauen, weil Entscheidungen nachvollziehbarer und transparenter werden.
Arbeitsort flexibilisieren
Die moderne Arbeitswelt ermöglicht in vielen Branchen, flexibel von verschiedenen Orten aus zu arbeiten, wodurch Pendelzeiten reduziert werden können. Dies kann dazu beitragen, dass Ihre Mitarbeitenden mehr Zeit für produktive Arbeit haben und ihr Stundenkontingent anheben können.
Kinderbetreuung
Die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben ist zentral für die Arbeitszeit-Optionen Ihrer Beschäftigten. Unterstützen Sie Mitarbeitende mit Familienverpflichtungen, indem Sie z. B. Kinderbetreuungsmöglichkeiten vermitteln. Dies kann von der Bereitstellung von Informationen über örtliche Kinderbetreuungseinrichtungen bis hin zur konkreten Vermittlung zum Beispiel von Notfallbetreuungsdiensten reichen. Auch die finanzielle Unterstützung für die Finanzierung einer privaten Kinderbetreuung kann helfen.
Darüber hinaus können Sie eine Kooperation mit einem Familienservice abschließen, um Betreuungsplätze für Ihre Beschäftigten vorzuhalten. In besonders engagierten Netzwerken vor Ort kann es sich anbieten mit anderen Arbeitgebern zusammen eine eigene Kita zu gründen. Denn: Betreuung ist ein wichtiger Produktivitätsfaktor.
Pflege von Angehörigen
Neben Informationen zur Organisation der Pflege von Angehörigen kann es bereits eine enorme Entlastung sein, wenn Mitarbeitende ihre Arbeitszeit an Pflegeverpflichtungen anpassen können (siehe oben). Auch eine Kooperation mit externen Beratungsstellen oder Pflegekassen kann eine Option für Sie als Arbeitgeber sein. Eine interne oder externe Pflege-Hotline, die schnell Orientierung zu rechtlichen Ansprüchen und Unterstützungsangeboten gibt, wirkt für Betroffene sehr entlastend. Auch finanzielle Hilfen sollten Sie prüfen, etwa Zuschüsse für haushaltsnahe Dienstleistungen, Mahlzeiten, kurzfristige Ersatzpflege oder Fahrtkosten.
Wichtig: Viele Beschäftigte kennen ihre gesetzlichen Ansprüche oft nicht, zum Beispiel die kurzfristige Arbeitsverhinderung von bis zu zehn Tagen, die Pflegezeit von bis zu sechs Monaten oder die Familienpflegezeit mit Teilzeitregelung. Wenn Sie als Arbeitgeber aktiv darüber informieren, zeigen Sie Fürsorge und senken Hemmschwellen.
Monetäre Anreize anbieten
Laut einer aktuellen Befragung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) möchten rund 16 Prozent der Teilzeitbeschäftigten ihre Wochenarbeitszeit erhöhen. Steuerfreie einmalige Prämien können ein wirksamer Anreiz sein, um zur Durchführung dieser Erhöhung zu motivieren: Etwa ein Drittel der Befragten könnte sich vorstellen, die Arbeitszeit dauerhaft, um durchschnittlich sechs Stunden pro Woche zu erhöhen. Besonders jüngere Teilzeitkräfte zeigen an dieser Maßnahme Interesse [1]. Allerdings ist unklar, ob solche Maßnahmen langfristig wirken. Bleiben strukturelle Hürden wie fehlende Kinderbetreuung bestehen, sinken die Chancen auf eine nachhaltige Arbeitszeiterhöhung deutlich.
Eine Alternative könnte eine dauerhafte Netto-Verbesserung pro Zusatzstunde darstellen, wenn gleichzeitig strukturelle Hürden (beispielsweise bei der Betreuung) abgebaut werden. So steigen die Chancen spürbar, dass Beschäftigte langfristig aufstocken.
Für viele Mitarbeitende ist es nicht leicht, private Bedürfnisse oder Einschränkungen offen am Arbeitsplatz anzusprechen – schon gar nicht gegenüber Vorgesetzten. Sie als Arbeitgeber können aber entscheidend dazu beitragen, dass Offenheit entsteht. Schaffen Sie in Ihrem Unternehmen ein Klima des Vertrauens, in dem klar ist: Wer etwas anspricht, muss keine Nachteile befürchten. Unterstützen können Sie dies durch gezielte interne Kommunikation, kurze Sensibilisierungstrainings für Führungskräfte und Vorbilder aus der eigenen Belegschaft.
Wenn Sie das Thema „Erhöhung der Arbeitsstunden“ ansprechen, bedenken Sie: Für Mitarbeitende kann das Druck oder Ängste auslösen. Deshalb ist es wichtig, Ihre Beweggründe deutlich zu machen – etwa, wenn Auftragsspitzen bewältigt oder Wachstum ermöglicht werden sollen. Machen Sie deutlich, dass es sich um ein freiwilliges Angebot handelt und niemand Nachteile hat, wenn er oder sie nicht mehr arbeiten kann oder möchte. Binden Sie außerdem eine kleine Gruppe von Mitarbeitenden früh in die Entwicklung von Maßnahmen ein. Das sorgt für Akzeptanz und praxisnahe Lösungen.
Bleiben Sie im Gespräch
Es ist wichtig, die Umsetzung flexibler Arbeitszeiten und Unterstützungsangebote kontinuierlich zu überprüfen, um sicherzustellen, dass sie die gewünschten Ergebnisse erzielen. Sie sollten bereit sein, ihre Ansätze anzupassen, wenn sich die Bedürfnisse und Anforderungen der Beschäftigten ändern. Einfache Instrumente wie Mitarbeitergespräche oder kurze Befragungen helfen, frühzeitig Feedback zu erhalten, und ermöglichen Ihnen, pragmatisch und schnell nachzusteuern.
Quellen:
[1] Stegmaier, Jens; Weik, Jonas Aljoscha; Fitzenberger, Bernd; Weber, Enzo (2025): Mehr Anreize, mehr Flexibilität, mehr Arbeit? Wie Beschäftigte auf die Pläne der neuen Bundesregierung reagieren würden. IAB-Forum.