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Green Recruiting

Green Recruiting


Zuletzt aktualisiert: 29. Juni 2022

Die Digitalagentur „dotfly“ setzt auch beim Recruiting auf Nachhaltigkeit.

Franziska Coenen (48) gründete im Jahr 2000 die Digitalagentur dotfly im Herzen von Köln. Heute beschäftigt sie 38 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – darunter vor allem hart umkämpfte Fachkräfte aus der Digitalbranche, wie Programmiererinnen und Programmierer oder UX-Designerinnen und UX-Designer. Die geschäftsführende Gesellschafterin ist überzeugt: „Nachhaltigkeit ist das neue Normal“ – und so gestaltet sie auch ihren Rekrutierungsprozess.

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Portrait Franziska Coenen

3 Tipps zum nachhaltigen Recruiting

  1. Setzen Sie auf papierlose Bewerbungen und unnötige Anfahrtswege. Überlegen Sie, welche Stellschrauben Sie im Bewerbungsprozess sonst noch haben, um Prozesse zu verschlanken und CO2 einzusparen.
  2. Betrachten Sie Nachhaltigkeit nicht isoliert. Überlegen Sie, welche Bedeutung sie für Ihr Unternehmen hat und kommunizieren Sie diese glaubhaft nach außen.
  3. Erstellen Sie eine CO2-Bilanz. So erkennen Sie, wo Sie konkret CO2 einsparen können – im Gesamtunternehmen aber auch im Rekrutierungsprozess.

Das Schlagwort „Green Recruiting“ wird in immer mehr Personalabteilungen diskutiert. Legen Sie Wert auf einen „grünen“, also nachhaltigen, Rekrutierungsprozess?

Coenen: Unsere Agentur folgt der Vision, eine Welt zu formen, in der Nachhaltigkeit selbstverständlich ist. Dabei bedeutet Nachhaltigkeit für uns, dass wir mit unserer Umwelt und mit unseren Mitmenschen achtsam umgehen. Unsere Vision ist kein Lippenbekenntnis. Wir berücksichtigen sie in Beziehungen mit Kundinnen und Kunden und Arbeitsprozessen. Und dies betrifft selbstverständlich auch unseren Rekrutierungsprozess.

Wie muss man sich das vorstellen?

Coenen: Unsere Bewerberinnen und Bewerber informieren sich in der Regel über unsere Internetseite www.dotfly.de. Und da legen wir unsere Vision und unsere nachhaltige Wertevorstellung klar offen. Unsere offene Positionierung hilft uns im Rekrutierungsprozess. Es gibt viele erfahrenere Digitalexpertinnen und -experten, die sich die Sinnfrage ihrer Arbeit stellen. Mit unserer Unternehmensvision können wir eine Antwort geben. 

Bewerbungsunterlagen gehen digital bei uns ein und werden nicht ausgedruckt. Erste Vorstellungsgespräche führen wir online – da fährt niemand mit dem Auto durch die Gegend. Wir verzichten in unserer Agentur zudem auf den Einkauf tierischer Produkte. Das macht sich dann zum ersten Mal bemerkbar, wenn es zum persönlichen Kennenlernen kommt: da gibt es etwa nur Milchkaffee mit Hafermilch. Auch beim Bewerbungsgespräch sitzen wir an Tischen und auf Stühlen, die unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten eingekauft wurden. Das ist uns bei all unseren Neuanschaffungen besonders wichtig – egal ob Möbel oder technische Geräte. Und wir zeigen im Bewerbungsgespräch auf, wie das Thema Nachhaltigkeit unsere Geschäftsbeziehungen und unsere Arbeitsprozesse beeinflusst.

Was erzählen Sie den Bewerberinnen und Bewerbern hierzu?

Coenen: Wir erklären zum Beispiel, dass wir Kundinnen und Kunden ablehnen, die nicht zu unseren Werten passen. Wir machen das nicht leichtfertig, sondern schauen genau, wofür die Unternehmen oder Organisationen stehen und wo sie hinwollen. Wer sich glaubhaft in Richtung Nachhaltigkeit entwickelt, erhält von uns Unterstützung.

Wir erzählen unseren Bewerberinnen und Bewerbern natürlich auch, welche Benefits wir für Mitarbeitende bereitstellen, die auf das Thema Nachhaltigkeit einzahlen. Dazu gehören zum Beispiel ein Jobticket oder ein Jobrad. Auch unsere betriebliche Altersvorsorge haben wir im letzten Jahr so umgestellt, dass das Geld, so gut wie es aktuell möglich ist, nachhaltig angelegt wird und beispielsweise zum Umweltschutz beiträgt.

Andersherum sind wir natürlich auch sehr daran interessiert, dass wir Menschen ins Team holen, denen Nachhaltigkeit genauso am Herzen liegt wie uns. Deshalb gehen wir auch ganz konkret in Gesprächen darauf ein und fragen Bewerberinnen und Bewerber nach ihrer Motivation.

Woher kommt Ihre Vision der Nachhaltigkeit?

Coenen: Ich habe mich als Privatperson eigentlich schon immer für den Natur- und Umweltschutz eingesetzt. Anfang 2020 haben mein Geschäftspartner und ich uns die Frage gestellt: Was treibt uns beruflich an? Was gibt unserer Arbeit einen Sinn? Darauf aufbauend haben wir dann gemeinsam mit einem externen Berater einen Workshop gemacht und uns mit unserer strategischen Positionierung beschäftigt. Wir hatten lange nicht den Mut uns zu unseren Werten zu bekennen – aus Furcht, ggf. Kundinnen und Kunden abzuschrecken. Mit 20 Jahren Erfahrung am Markt sind wir aber so weit gereift, dass wir davon überzeugt sind, unsere Haltung offensiv zu kommunizieren und entsprechende Geschäftsentscheidungen an ihnen orientiert zu treffen – im Zweifel geht das dann so weit, dass wir sogar Neugeschäft ablehnen, wenn Marken nicht zu uns passen.

Was steckt eigentlich hinter Begriffen wie “Green Recruiting” oder “ökologisch nachhaltiges Personalmanagement”? Hier erfahren Sie mehr.

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Wie ist diese Vision bei Ihren Mitarbeitenden angekommen?

Coenen: Total gut! Die meisten haben gesagt: „Jetzt tragt ihr nach Außen, was ihr ohnehin lebt.“ Es wurde gar nicht als Bruch empfunden, sondern als eine natürliche Entwicklung unserer bisherigen Arbeit.

Uns war auch wichtig, die Vision gemeinsam mit unseren Mitarbeitenden mit konkreten Zielen zu hinterlegen. Eines dieser Ziele besagt, dass wir bis 2025 eine möglichst klimaneutrale Agentur sein möchten. Es gibt eine Taskforce aus engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die dieses Ziel aktiv vorantreibt.

Wie wird man eine möglichst klimaneutrale Agentur?

Coenen: Wir haben hierfür zunächst eine CO2-Bilanz erstellt. Darin berechnet man wieviel Emissionen das Unternehmen ausstößt – etwa durch Stromverbrauch und Internetnutzung. Dazu zählt aber auch der Ausstoß entlang der gesamten Wertschöpfungskette – also auch die durch die Beauftragung bestimmter Dienstleister, Mitarbeiteranfahrten oder Einkäufe entstehende CO2-Produktion. Diese Analyse zeigt auf, an welchen Stellschrauben Unternehmen drehen können, zum Beispiel durch den Wechsel von einem konventionellen Stromanbieter zu Ökostrom. Wir haben diesen Wechsel schon 2013 gemacht und unsere Klimabilanz so schlagartig verbessert.

An welchen Stellen merken Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, dass die Agentur an ihrer CO2-Bilanz arbeitet?

Coenen: Wir finanzieren grundsätzlich keine Flüge zu Geschäftsterminen. Ggf. müssen die Mitarbeitenden also längere Bahnfahrten in Kauf nehmen. Auf unseren Festen gibt es keine Bratwürstchen und auch sonst kein Fleisch. Bei technischen Geräten setzen wir, soweit es geht, auf refurbished Ware, also auf wiederaufbereitete, gebrauchte Devices. Zurzeit prüfen wir, was ein größerer Emittent ist: die Anreise von Mitarbeitenden ins Büro oder die konstante Internetnutzung, die mit Online-Konferenzen und Remote-Arbeit einhergeht. Ich bin gespannt auf die Ergebnisse.

Was raten Sie Unternehmen, die ihren Rekrutierungsprozess nachhaltiger gestalten möchten?

Coenen: Ich glaube nicht, dass es sinnvoll ist, den Rekrutierungsprozess in Sachen Nachhaltigkeit isoliert zu betrachten. Wer seine Arbeitsprozesse im Unternehmen nachhaltiger gestaltet, nimmt den Personalbereich nicht aus. Gleichzeitig wirkt es doch schräg, wenn das Unternehmen im Bewerbungsprozess unglaublich viel Wert auf Nachhaltigkeit legt und der Mitarbeitende davon nach der Unterschrift des Arbeitsvertrags nichts mehr zu spüren bekommt. Das macht ein Unternehmen meiner Meinung nach unglaubwürdig. Mein Rat wäre daher: Erstellen Sie eine Klimabilanz. Arbeiten Sie konkret an Stellschrauben, um Ihren ökologischen Fußabdruck zu verringern und beziehen sie dabei Ihre Mitarbeitenden mit ein. Solche Maßnahmen können dann im Bewerbungsverfahren auch authentisch vermittelt werden.   
 

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