
Transkript: Folge 82
KOFA auf dem Sofa: Fachkräftemangel – nicht in meiner Backstube!
Jens:
KOFA auf dem Sofa – der Podcast.
Sibylle:
Mit Sibylle Stippler und Jens Breuer. Herzlich willkommen! Das ist Folge 82 von KOFA auf dem Sofa – schön, dass Sie wieder reinhören.
Jens:
Hallo und herzlich willkommen auch von mir. Ja, was wäre das Sonntagsfrühstück ohne frische Brötchen, ohne diesen Duft und das knusprige Geräusch beim Aufschneiden? Da krieg ich direkt Appetit. Das ist ja fast schon ein Ritual – das große, feierliche Sonntagsfrühstück.
Sibylle:
Absolut! Ich bin da voller Kindheitserinnerungen. Mein Vater ist jeden Samstagmorgen losgefahren und kam mit frischen Brötchen nach Hause. Der Duft zog durchs ganze Haus, alle Brüder haben sich nochmal umgedreht – und ich war die Erste am Frühstückstisch. Für mich geht nichts über frisches Brot.
Jens:
Frische Brötchen liebe ich auch. Und vor allem diese halbe oder dreiviertel Stunde, in der man wirklich zusammensitzt, redet, lacht – das gehört einfach dazu.
Sibylle:
Warum erzählen wir das alles? Nun ja, weil dieser Traum vom gemütlichen Wochenendfrühstück tatsächlich ein bisschen in Gefahr ist. Das Bäckerhandwerk hat große Nachwuchssorgen – vor allem im Verkauf ist es schwer, Personal zu finden. Kaum eine Bäckerei, an der nicht ein Schild mit „Wir suchen Verstärkung“ hängt. Und auch für die Ausbildung interessieren sich immer weniger junge Leute.
Jens:
Ja, rund 30 Prozent der Ausbildungsplätze im Verkauf blieben im letzten Jahr unbesetzt, 25 Prozent in der Backwarenherstellung. Insgesamt kann fast die Hälfte aller offenen Stellen im Bäckerhandwerk bundesweit nicht besetzt werden. Und ehrlich gesagt: Aufbackbrötchen sind für mich keine Alternative.
Sibylle:
Da bin ich ganz bei dir! Aber zum Glück gibt’s Ausnahmen – und über eine solche sprechen wir heute. Unser Gast ist Till Gurke, Baden-Württembergs jüngster Bäckermeister. Und bei ihm gibt’s offenbar keinen Fachkräftemangel. Till, schön, dass du da bist!
Till:
Hi! Ja, das stimmt tatsächlich irgendwo schon. Ich bin jetzt seit zweieinhalb Jahren mit meiner eigenen Bäckerei in Freiburg – und ich musste bisher noch keine einzige Stellenausschreibung schalten. Es trudeln immer wieder Bewerbungen ein: von Studierenden, von Leuten, die sich für gutes Brot interessieren, oder von Bäckern, die gern bei mir arbeiten möchten. Also Personalnot hatte ich bisher keine.
Jens:
Das klingt beneidenswert! Woran das liegt, wollen wir gleich natürlich genauer wissen. Bevor wir starten: Du bist Baden-Württembergs jüngster Bäckermeister – das ist ja schon eine Besonderheit. Was sollte man sonst noch über dich wissen?
Till:
Als ich 2020 meinen Meister gemacht habe, war ich damals tatsächlich der jüngste Bäckermeister im Land – mit 20 Jahren. Inzwischen gibt’s bestimmt jemanden, der’s noch früher geschafft hat, aber damals war das schon besonders.
Sibylle:
Und du bist der Sohn zweier Akademiker – was bemerkenswert ist, weil viele Eltern in solchen Fällen ja eher sagen: „Kind, mach doch Abitur, geh studieren.“ Du hast dich für einen anderen Weg entschieden – und bist damit sehr glücklich. Erzähl mal, wie es dazu kam.
Till:
Ja, bei meinen Eltern war das nie ein Thema. Die haben nie gesagt, dass ich studieren muss. Ich durfte immer das machen, was mir Spaß macht. Und das war tatsächlich ein Zufall: Ich hab mit 13 ein Schulpraktikum in der Dorfbäckerei gemacht – meine Mutter hatte da einfach mal nachgefragt. Und nach den zwei Wochen Praktikum lag mir schon der Lehrvertrag auf dem Tisch.
Jens:
Wie ging’s dann weiter – von der Ausbildung bis hin zur eigenen Bäckerei?
Till:
Ich bin mit 15 in die Ausbildung gestartet. Schule war nie so mein Ding – meine Noten waren eher schlecht, ich hatte einfach keine Motivation. Aber in der Backstube war das ganz anders. Ich wollte sofort voll einsteigen, hab mich befreien lassen, damit ich schon mit 15 um drei Uhr morgens anfangen durfte wie alle anderen. Zwei Jahre lief alles gut – und dann passierte ein Unfall: Mein Chef hatte eine Mehlstaubexplosion und war über ein Jahr lang nicht da.
Sibylle:
Oh wow – und dann musstet ihr weitermachen?
Till:
Genau. Wir waren nur zu dritt: ein Geselle, ein Azubi und ich im dritten Lehrjahr. Und wir haben die ganze Bäckerei weitergeführt. Das war total heftig, aber auch der Moment, in dem ich gemerkt hab: Das ist mein Ding. Verantwortung übernehmen, Abläufe steuern, Bestellungen machen – das hat mich richtig gepackt.
Jens:
Intensiver kann man wahrscheinlich gar nicht lernen, oder?
Till:
Nee, wirklich nicht. Ich wünsch so eine Situation natürlich niemandem, aber für mich war das der Wendepunkt. Ich hab gemerkt: Das ist meine Berufung. Nach der Ausbildung hab ich noch zwei Jahre weiter dort gearbeitet, um den Betrieb zu stützen. Dann hab ich gesagt: Jetzt will ich meinen Meister machen. Die praktische Prüfung hab ich mit „sehr gut“ bestanden – das war für mich selbst die größte Überraschung, weil ich in der Schule ja immer der war, der lieber nicht lernt.
Sibylle:
Also zu deiner eigenen Überraschung sozusagen?
Till (lacht):
Ja, absolut! Da hab ich erst gemerkt, was möglich ist, wenn man für etwas brennt. Ich war in der Schule eher klein gehalten, so ein bisschen das Mobbingopfer vielleicht. Deswegen hatte ich wahrscheinlich auch einfach keine Lust aufs Lernen, weil mir Schule grundsätzlich nicht lag. Umso größer war dann der Überraschungsmoment – für mich und für meine Eltern –, als ich plötzlich mit einer 1,0 im Bäckermeisterbrief dastand. Das war wirklich ein toller Moment.
Und das Ganze wurde dann sogar noch gekrönt: Während meiner praktischen Prüfung bekam ich einen Anruf – ein Prüfer hatte das vermittelt. Ein Freund von ihm in Freiburg suchte gerade einen jungen Bäckermeister. Und so ging’s für mich direkt nach der Meisterschule nach Freiburg – vom Prüfungstisch quasi in den neuen Job.
Sibylle:
Wow, da hattest du wirklich einen Lauf! Und in der Zeit bist du ja trotzdem noch mitten in der Nacht aufgestanden, oder?
Till:
Ja, genau. Das war immer noch so um zwei, halb drei – ganz klassisch.
Jens:
Also wirklich so, wie man sich das Bäckerhandwerk vorstellt. Und irgendwann kam dann der Gedanke: Ich mach jetzt was Eigenes – aber komplett anders als die anderen. Wie kam’s dazu und wie hat dein Umfeld reagiert?
Till:
Das hat ein paar Jahre gedauert. Ich bin mittlerweile 31 und konnte in der Zeit viel Erfahrung sammeln. Ich hab in viele Betriebe reingeschaut, gesehen, wie andere Bäcker arbeiten – und ehrlich gesagt, in fast allen herrschte schlechte Stimmung. Zu wenig Personal, extreme Nachtarbeit, kaum Motivation. Und obwohl ich den Beruf liebe, hat mir das irgendwann den Spaß genommen.
Ich hab mir gedacht: So kann und will ich das nicht mehr machen. Ich hab ja noch viele Jahre vor mir – also muss ich mir mein Arbeitsleben schön gestalten. Entweder ich ändere was, oder ich such mir irgendwann was anderes.
Dann hab ich von jemandem gehört, der erst um 15 Uhr öffnet. Ich fand das erst total verrückt – aber auch spannend. Und dann hab ich überlegt: Für mich würde 11 Uhr perfekt passen. Ich fang morgens um sechs an – früher will ich nicht –, und um elf mach ich den Laden auf. So hab ich mein ganzes Konzept auf meine Wunsch-Arbeitszeiten abgestimmt.
Ich backe mit Sauerteig, ganz reduziert, nur fünf bis sechs Brotsorten am Tag – je nach Saison und Lust.
Sibylle:
Und wie ist das im Vergleich zu anderen Bäckereien?
Till:
Die meisten haben so um die 30 Sorten. Also wirklich eine riesige Auswahl. Aber ganz ehrlich: Wer braucht das? Ich wollte’s überschaubar halten. Fünf Brote reichen völlig – da ist für jeden was dabei. Wenn man in eine normale Bäckerei reingeht, ist man ja schon erschlagen. Ich hab selbst immer dasselbe gekauft und irgendwann gedacht: Ich frag einfach mal die Verkäuferinnen, was das Lieblingsbrot der meisten Kunden ist. Ich hatte ja selbst keine Ahnung bei 30 Brotsorten, die da hinten liegen. Deshalb hab ich das bei mir reduziert – fünf Sorten, von hell bis dunkel, Vollkorn ist auch dabei, und mehr braucht’s einfach nicht.
Jens:
Du hast schon gesagt, ihr öffnet später als die meisten anderen Bäckereien. So gegen halb elf unter der Woche, oder? Geht euch da nicht Geschäft verloren – gerade bei den klassischen Brötchenkäufern am Morgen?
Till:
Nee, gar nicht. Brötchen gibt’s bei mir tatsächlich nur samstags. Einen Tag machen wir etwas früher auf – aber so, dass ich trotzdem erst um sechs anfangen muss, nicht mitten in der Nacht. Unter der Woche starten wir um sechs und öffnen um elf, dienstags bis donnerstags. Freitags eine halbe Stunde früher, weil dann schon welche vor dem Laden stehen, um sich ihr Brot zu sichern.
Sibylle (lacht):
Die drücken dann schon die Nase ans Fenster, ja?
Till:
Genau, so ist das. Aber ich hab das nie als verlorenes Geschäft gesehen, weil ich’s von Anfang an gar nicht mit eingeplant habe.
Jens:
Neben den Kunden sind ja deine Mitarbeitenden für dich mindestens genauso wichtig. Mit denen verbringst du ja den größten Teil des Tages. Worauf achtest du bei der Auswahl deiner Leute?
Till:
Das werde ich echt oft gefragt – nicht nur von Medien, sondern auch von Kunden oder Bewerbern selbst. Und meine Antwort ist immer gleich: Ich will keine Zeugnisse sehen. Die sagen für mich nichts aus. Mir ist wichtig, dass jemand Lust hat auf das, was wir tun. Bei mir ist alles Handwerk – von Anfang bis Ende. Wir arbeiten mit Sauerteig und langen Ruhezeiten. Das kann man nicht aus einem Schulzeugnis ablesen. Ich setze lieber auf einen Probearbeitstag. Ich hab meistens mehr Bewerbungen, als ich nehmen kann – von Bäckern, Studierenden oder Leuten, die einfach Lust auf gutes Brot haben. So kann ich mir die besten raussuchen.
Sibylle:
Und du hast’s ja geschafft, mit deinem Konzept ordentlich Aufmerksamkeit zu bekommen. Ihr wart in vielen Medien – das Süddeutsche-Interview war ja ein ziemlicher Auslöser. Wie gehst du damit um? Findest du das cool oder auch mal anstrengend?
Till:
Anfangs war das total regional – in Freiburg hatte die Presse Interesse, weil sie dachten: „Was macht der denn? Eine Bäckerei, die erst um elf aufmacht?“ Viele haben das belächelt, so nach dem Motto: Mal sehen, wie lange der das durchhält. Aber dann kam im Januar die Süddeutsche Zeitung, und ab da ging’s richtig los. Seitdem war fast jede Woche jemand da.
Ich sehe das ganz entspannt. Die Leute waren alle super freundlich, haben uns arbeiten lassen und zwischendurch einfach Fragen gestellt. Das Interesse kam von allein – einfach, weil wir mit Freude und Ruhe arbeiten. Und tatsächlich hat einer der Fotografen, der bei uns war, sich so mitreißen lassen, dass er jetzt selbst Bäcker werden will.
Jens (lacht):
Wirklich? Das ist ja verrückt!
Till:
Ja, total! Der war selbstständig als Fotograf, aber meinte, er hätte jetzt Lust, nochmal was Neues zu lernen – das finde ich richtig schön.
Sibylle:
Das zeigt ja auch, dass du mit deinem Konzept andere inspirierst. Hast du das Gefühl, dass dein Ansatz – also das späte Öffnen, die Reduktion, die Ruhe – vielleicht auch auf die Branche abstrahlt? Dass andere sagen: „Hey, das könnte auch für uns funktionieren“? Oder seid ihr da noch die Ausnahme?
Till:
Nee, es sind mittlerweile echt einige. Ich war aber nicht der Erste – das sag ich auch immer dazu. Ich hab das Konzept nicht entwickelt, weil ich dachte, das könnte ein Trend werden. Ich hab’s einfach aus meiner eigenen Perspektive heraus gemacht: Ich wollte gute Arbeitszeiten für mich und mein Team. Niemand sollte nachts um zwei oder drei anfangen müssen oder schon am Vorabend für den nächsten Tag arbeiten. Das war mir am wichtigsten. Dass daraus dann so ein Modell wurde, dem andere folgen, freut mich total – aber es war nie der Plan.
Ich finde auch, die Bäcker, die morgens frische Brötchen backen, haben absolut ihre Daseinsberechtigung. Ich will sonntags auch gute Brötchen auf dem Tisch haben! (lacht) Aber ich bin überzeugt, dass man in vielen traditionellen Bäckereien die Abläufe so verändern könnte, dass weniger Nachtarbeit nötig wäre. Mit etwas Umdenken und besserer Planung wäre es sicher in vielen Betrieben möglich, um fünf Uhr anzufangen und um sieben die ersten Brötchen zu verkaufen.
Jens:
Das ist ja genau das Thema Work-Life-Balance, das in vielen Branchen wichtiger wird. Und das Bäckerhandwerk ist ja eher nicht bekannt dafür, da besonders fortschrittlich zu sein. Glaubst du, dein Ansatz hilft, junge Menschen wieder fürs Backen zu begeistern?
Till:
Ja, definitiv! Ich merke das ganz stark. Viele junge Leute melden sich bei mir – auch Studentinnen und Studenten um die 20, die sagen: „Ich weiß jetzt schon, das Studium ist nichts für mich.“ Oft kommt dann gleich der Nachsatz: „Meine Eltern sind Ärzte oder Akademiker, also war klar, dass ich studiere.“ Aber sie merken irgendwann, dass sie eigentlich was Handwerkliches wollen.
Bei mir erleben sie, dass man mit den Händen arbeitet, etwas erschafft, das andere glücklich macht. Das ist total erfüllend. Und dadurch, dass bei uns alles offen ist – wir haben eine gläserne Backstube, man sieht direkt, wie das Brot entsteht –, bekommen sie auch sofort das Feedback der Kundinnen und Kunden. Wenn dir jemand beim Arbeiten zuruft: „Super, was ihr hier macht! Schade, dass es euch nicht auch in Berlin gibt!“, dann ist das unglaublich motivierend.
Sibylle:
Das kann ich mir gut vorstellen. Und apropos Berlin – da klingelt das Stichwort Expansion, oder?
Till (lacht):
Ja, das kommt tatsächlich oft! Aber im Moment ist das gar nicht mein Ziel. Ich bin glücklich, wie es läuft, und will die Qualität halten.
Jens:
Was ich an deiner Geschichte so faszinierend finde, ist, dass das alles damit angefangen hat, dass du dich gefragt hast: Wie möchte ich eigentlich arbeiten? Und dass du dann einfach den Mut hattest, alles umzusetzen – ohne Angst, dass es scheitern könnte.
Sibylle:
Ja, das inspiriert total. Du hast dich nicht der klassischen Marktwirtschaft unterworfen, sondern dein eigenes Modell geschaffen. Das ist richtig schön zu hören. Und ehrlich – ich wünschte, ich würde in Freiburg wohnen, dann würde ich mich auch in die Schlange vor deinem Laden stellen!
Jens (lacht):
Ja, Frau Rebekka-Lehrer machen wir dann.
Sibylle:
Genau. (lacht) Aber sag mal, vernetzt du dich eigentlich mit anderen Bäckern, die ähnlich arbeiten – wie zum Beispiel Max Kugel aus Bonn?
Till:
Ja, tatsächlich! Man kennt sich, schreibt sich über Instagram. Max Kugel kenne ich natürlich, er war ja auch schon im Nachtcafé, so wie ich neulich. Er hat mir danach einfach einen Zwinker-Smiley geschickt und „Glückwunsch“ geschrieben. (lacht) Also ja, wir Bäcker mit ähnlichen Konzepten sind untereinander gut vernetzt.
Jens:
Ihr seid auf jeden Fall die, die den Blick in die Zukunft richten. Wenn du das Handwerk insgesamt betrachtest – was braucht’s deiner Meinung nach, damit das Bäckerhandwerk zukunftsfähig bleibt und nicht irgendwann komplett vom Discounter verdrängt wird?
Till:
Das ist ein riesiges Thema. Ich glaube, die Zukunft des Bäckerhandwerks wird sich in zwei Lager aufteilen: Auf der einen Seite die großen Industriebäckereien, die die breite Masse versorgen – und auf der anderen Seite kleine Manufakturen wie wir, die Brot mit Leidenschaft und Handarbeit machen.
Das, was dazwischen liegt – also mittelgroße Betriebe mit zehn, zwanzig Filialen – wird es in zehn bis zwanzig Jahren wahrscheinlich kaum noch geben. Dafür fehlt das Personal, und die Organisation ist zu aufwendig.
Die Großen zahlen gut, die Kleinen leben von Qualität, Handwerk und Nähe. Aber die Mitte – die kämpft am meisten. Ich glaube, in Zukunft wird es entweder industrielles Brot geben oder handwerkliches Erlebnisbrot. Dazwischen verschwindet vieles.
Jens:
Ja, dann kann man hoffen, dass man in einer Region wohnt, in der sich Menschen finden, die diese Leidenschaft jeden Tag leben und eine kleine Bäckerei eröffnen. In vielen Gegenden in Deutschland hat man sonst kaum noch eine Chance, an gutes Brot ranzukommen – und ich wünsche mir sehr, dass wir das weiterhin haben.
Till:
Ich habe aktuell eine Azubine im Laden, die schon weiß, dass sie sich selbstständig machen will. Sie ist 31, hat zuvor studiert und verkürzt nun auf anderthalb Jahre. Vermutlich geht sie aufs Land. Sie hat mich gefragt, ob so ein Konzept dort funktioniert. Ich glaube: in einer abgespeckten Variante ja. Zum Beispiel ab 6 Uhr starten, damit es um 8 Uhr Brötchen gibt – und nachmittags dann großartige Brote. So kann man auf dem Land beides bedienen, wie es gewünscht ist. Ich bin ziemlich sicher, dass das theoretisch auch dort funktioniert. Und ich hoffe, dass wir kleinen Bäcker genügend Leute anstecken, die für Brot brennen und sagen: „Komm, wir machen auch eine Bäckerei auf.“
Jens:
Bei uns hat es auf jeden Fall schon geklappt – ich bin kurz davor, jetzt erstmal zum Bäcker zu starten und mir heute Abend ein Brot zu holen.
Noch eine Sache in eigener Sache: Für alle, die beim Thema Fachkräftesicherung dranbleiben wollen – es gibt uns auch in Social Media, bei Instagram, LinkedIn und Facebook. Dort gibt es an fünf Tagen pro Woche die wichtigsten Themen und Neuigkeiten. Also: gern folgen! KOFA to go – Wissen zum Mitnehmen.
Sibylle:
Till hat einiges anders gemacht als andere Bäckereien – und ist damit erfolgreich. Was können Sie tun, um Fachkräftelücken im Unternehmen zu schließen? Hier sind drei Tipps von Till:
- Alte Strukturen prüfen und aufbrechen. Überlegen, was Sie ändern können, um später zu starten – Prozesse neu denken.
- Gutes Miteinander leben. Miteinander sprechen, sich austauschen – das ist das A und O.
- Innovativ bleiben. Beobachten, was die Zeit mitbringt und was Menschen fordern. Sich inspirieren lassen – und auch mal etwas wagen.
Jens:
KOFA to go – Wissen zum Mitnehmen. Ich dachte, „Brot ist Brot“ – heute wurden wir eines Besseren belehrt. Till Gurke, Bäckermeister aus Freiburg, war unser Gast. Till, danke, dass du da warst.
Sibylle:
Danke auch – wunderbar mit dir, Till. Ich bleibe dran an den kleinen Bäckern und schaue überall, wo ich hinkomme: Wo bekomme ich um 11 Uhr morgens das beste Brot?
Jens:
Sibylle, worüber sprechen wir in der nächsten Folge am 9. Oktober?
Sibylle:
Wir haben wieder einen Gast – Marc Hoffmann von meinestadt.de. Zusammen mit seinen Kolleginnen schreiben wir gerade eine Studie. Wir haben über 3000 Fachkräfte gefragt: Wie wollt ihr leben und arbeiten? Arbeitszeitwünsche, Karriere – was bedeutet das heute? Das wird richtig spannend.
Jens:
Einen Teilaspekt haben wir heute schon gestreift: Bäcker wollen nicht allzu früh aufstehen – zumindest nicht, wenn sie in die Zukunft schauen. Also: 9.10. vormerken! Vielen Dank fürs Zuhören, tschüss und bis bald.
Sibylle:
Tschüss, machen Sie es gut.
Jens:
Fachleute für Fachkräfte – KOFA auf dem Sofa, der Podcast.