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Transkript: Folge 79

KOFA auf dem Sofa: Feedback- Wertschätzung als Schlüssel

KOFA auf dem Sofa – der Podcast 
Mit Sybille Stippler und Jens Breuer 

Jens: 
Der 12. Juni ist heute und wir sagen herzlich willkommen. Schön, dass Sie wieder bei uns auf dem Sofa mit dabei sind. Eine Sommerfolge, Sybille, ich freue mich sehr. 

Ich habe aber trotzdem eine Frage an dich, Sybille. Mal ganz ehrlich: Du arbeitest ja inzwischen nicht nur jeden Tag … hach, ein bisschen Stress ist dabei – macht’s da eigentlich immer noch so viel Spaß? 

Sybille: 
Nicht immer ganz so viel, aber ich weiß, was du meinst. Jetzt mal so rumgesponnen – also angenommen, es würde jetzt nur ums Geld gehen: Würde dieser Job dann trotzdem Spaß machen? Oder sagst du dann: Nee, da kommt der Spaß ein bisschen kurz bei der Geschichte? 

Auf jeden Fall! Das ist ja immer so diese klassische Lottofrage, ne? Wenn mir jemand 2000 Euro im Monat gibt – würdest du dann trotzdem noch jeden Tag arbeiten gehen? Und ich kann für mich sagen: Bei dem Job, den ich jetzt habe, ja, auf jeden Fall. Und da bin ich auch sehr dankbar, jeden Tag, dass das so ist. 

Jens: 
Prima! Also: Wer als Unternehmen Erfolg haben will, der wird das eben nur schaffen, wenn er auch glückliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat – Leute, die zufrieden sind, gerne zur Arbeit kommen und morgens motiviert starten. Gerade jetzt, wo es bei vielen mit den Fachkräften klemmt und manche noch nicht so agil sind, wie sie es vielleicht schon sein müssten, ist es natürlich umso wichtiger, dass man eine konstruktive Feedbackkultur aufbaut. 

Und unser Gast heute ist Laura Bornmann. Sie wird uns verraten, was gutes Feedback eigentlich ausmacht und wie es gelingt, eine gesunde Feedbackkultur im Unternehmen zu etablieren – und zwar nicht mit der Brechstange oder mit Hau-drauf, sondern in einer Weise, die allen guttut. Hallo Laura! 

Laura: 
Hallo ihr beiden! Ich freue mich total, bei euch zu sein. 

Jens: 
Du musst uns erst mal kurz ein paar Worte zu dir sagen, damit man weiß, wer du bist. Du hast bei REWE im HR-Bereich gearbeitet – das heißt, du hast die Personalentwicklung für, jetzt kommt’s, rund 18 000 Menschen geleitet! Wie händelt man das? So viele Leute persönlich kennen kann man ja gar nicht alle, das ist klar. Aber trotzdem hat man irgendwie den Anspruch, für jeden auch da zu sein. Wie ist das möglich zu managen, damit sich die Menschen trotzdem abgeholt fühlen? 

Laura: 
Das ist tatsächlich eine große Herausforderung. Bei REWE – vielleicht wissen das einige Zuhörerinnen und Zuhörer – handelt es sich um eine Genossenschaft. Es gibt ganz viele verschiedene REWE-Märkte, die jeweils eine eigene OHG mit der Zentrale haben. Das heißt, wir haben in der Zentrale die Personalentwicklung verantwortet, das Angebot geschaffen, Projekte gemacht, Weiterbildungen kuratiert und so weiter. Natürlich liegt die Verantwortung auch bei den einzelnen Führungskräften in den Märkten und Bereichen. 

Jens: 
Trotzdem – selbst wenn die Verantwortung geteilt war, ist das ja eine Wahnsinnsverantwortung und ein großer Schritt! Du warst ja damals … wie alt warst du, sag’s uns mal, als du da angefangen hast? 

Laura: 
Ja, 28. Genau! Ich rede da immer wieder drüber, weil es bei mir damals tatsächlich so war, dass meine damalige Führungskraft das Potenzial in mir gesehen hat. Mein erster Gedanke war – und ich habe es auch ausgesprochen –: Nee, ich glaub, ich bin nicht die Richtige dafür. Ich kann das nicht. 

Sybille: 
Ah, das Thema Sich-nicht-zutrauen – gerade bei uns Frauen! Und im Nachhinein warst du froh, dass du’s gemacht hast? 

Laura: 
Ja, total! Das war ja mal ein Feedback, das einem eine Krone aufsetzt, aber auch ganz schön Respekt verschafft. 

Sybille: 
Welche Erfahrungen hast du denn sonst gemacht mit Feedback – nehmen und geben? Erinnerst du dich noch an eine besonders kritische Situation, wo du dachtest: Oh Mann, das will ich mir jetzt aber nicht anziehen? 

Laura: 
Ja, total! Ich habe mir früher Feedback insgesamt einfach zu sehr zu Herzen genommen. Ich habe es oft viel zu persönlich genommen. Ich erinnere mich daran, dass mir früher viele Menschen gesagt haben: Du bist viel zu nett – so wirst du niemals Karriere machen. Und da habe ich gedacht: Oh Gott, oh nein, ich bin zu nett! Ich habe wirklich überlegt, ob ich böser werden muss, um erfolgreich zu sein. 

Jens: 
Hast du versucht, dich zu ändern? 

Laura: 
Kurz, ja. Aber dann habe ich gemerkt: Das hat keinen Sinn, das passt nicht zu mir. Ich habe gesagt: Nee, in so einer Welt will ich auch nicht leben. Wie schön ist es heute, dass ich genau mit diesen Themen einen Unterschied machen kann – und dass heute gesehen wird, wie wichtig es ist, empathische Führungskräfte zu haben! Es ist sicher eine Entwicklung – heute stehe ich da ganz anders zu. Ich nehme mir nicht mehr jedes Feedback zu Herzen. 

Sybille: 
Man sagt ja immer: Feedback ist ein Geschenk. Siehst du das auch so? Oder ist nicht jeder in der Lage, Feedback wirklich anzunehmen – oder auch richtig zu geben? 

Laura: 
Ich glaube, da gibt es ganz viele Facetten. Grundsätzlich ist Feedback total wertvoll – genau wie du sagst –, aber es kommt darauf an, wie man es gibt und ob das Gegenüber es annehmen kann. Gerade für Führungskräfte ist das entscheidend. Ich finde es wichtig, verschiedene Ebenen zu trennen: Man kann kritisches Feedback geben, wenn man es konstruktiv und empathisch vermittelt. 

Auch kritische Mitarbeitergespräche, vor denen viele Führungskräfte zurückschrecken, kann man auf eine gute Art und Weise führen – so, dass beide Seiten zufrieden aus dem Gespräch gehen. Ich bin fest davon überzeugt, dass man jedes kritische Feedback wertschätzend geben kann, sodass das Gegenüber es annehmen und daraus etwas machen kann. 

Und vielleicht noch ein letzter Satz: Wenn eine Führungskraft uns Feedback gibt, das wirklich gut gemeint ist – auch wenn es kritisch ist, aber wir spüren, dass sie ein echtes Interesse an uns hat und möchte, dass wir uns weiterentwickeln und unsere Stärken einsetzen können –, dann fühlt sich das richtig an. Dieses Gefühl entscheidet am Ende, ob Feedback positiv wirkt – ganz egal, ob es lobend oder kritisch gemeint war. 

Sybille: 
Da bin ich ganz stark bei dir. Gerade dieses Thema: Die will mir jetzt nicht die Schuld in die Schuhe schieben für irgendetwas oder mich verantwortlich machen, sondern hat ein Interesse an mir als Mensch. Aber an der Stelle könnte man auch noch mal aufräumen mit dieser Sandwich-Methode, die, glaube ich, bei vielen Managerinnen und Managern noch im Kopf steckt, weil sie so schön leicht zu merken ist. 

Also dieses Thema: Wenn ich etwas Kritisches ansprechen will, sage ich erst mal etwas Positives – so nach dem Motto: „Die Präsentation war echt schön, du hast dir Mühe gegeben … aber Folien 2 bis 24 musst du leider noch mal überarbeiten, da stimmt alles nicht. Aber insgesamt bist du schon auf einem guten Weg.“ 

Und das kann eben dazu führen, dass bei mir bei Lob schon so eine Alarmglocke schrillt: „Oh ja, jetzt krieg ich was Nettes gesagt, aber gleich kommt das Aber.“ Ich glaube trotzdem, dass diese Methode noch echt verbreitet ist in Organisationen. 

Jens: 
Der Klassiker. 

Laura: 
Das ist super schade, weil – wie du sagst – wenn wir es schaffen, auf Augenhöhe miteinander zu sprechen, also mit dem Ziel, dass ich dich weiterentwickeln will, und auch beim Lob nicht so von oben herab, so à la „schön gemacht“, sondern auch da auf Augenhöhe Wertschätzung transportieren, dann kommt man wahrscheinlich auch eher zu einer Kultur in der Organisation, in der Feedback selbstverständlich und okay ist. 

Sybille: 
Hast du sonst noch Tipps, wie man eine Feedbackkultur im Betrieb gestalten kann? 

Laura: 
Ein gutes Beispiel ist – zumindest was die Feedbackkultur angeht – Netflix. Die sind sehr stark dafür bekannt, dass sie sich eigentlich den ganzen Tag Feedback geben. Die nehmen es dann auch nicht mehr persönlich, weil sie so darauf konditioniert sind, dass sie wissen: „Okay, hier bekomme ich Feedback.“ 

Ich meine, da arbeiten ja auch oft sehr starke High Performer. In einem Buch, das ich gelesen habe, hat eine Externe beschrieben, wie verrückt sie am Anfang war, weil sie einen Termin hatte, in dem ihr die Mitarbeitenden die ganze Zeit Feedback gaben. In diesem Buch wurde beschrieben, dass das genau darauf zurückzuführen ist, dass die Menschen dort sehr konstruktiv Feedback geben und nehmen – und es sich einfach nicht mehr zu Herzen nehmen, weil das so normal und selbstverständlich ist. 

Nur um deine Frage zu beantworten: Es gibt natürlich verschiedene Methoden. Was ich aber ganz wichtig finde, ist, dass man sagt, welches Gefühl das Feedback bei einem auslöst – also die eigene Wahrnehmung teilt. Ich glaube, das ist wichtig, weil auch Führungskräfte keine Weisheit mit Löffeln gegessen haben. 

Ich habe als Führungskraft zum Beispiel oft gedacht: „Na ja, als müsste ich alles immer besser wissen.“ Das stimmt ja gar nicht. Stattdessen habe ich gesagt: „Okay, ich bin für etwas verantwortlich, aber meine Wahrnehmung war so und so. Wie siehst du das?“ Erst mal einen Abgleich schaffen. Das finde ich einen sehr wertvollen Tipp. 

Sybille: 
Du hast gerade gesagt, bei Netflix wird permanent Feedback gegeben – ich glaube, bei Google ist das ähnlich. Aber wir sprechen ja nicht über Konzerne, sondern über kleine und mittlere Unternehmen. Das ist also ein ganz anderes Umfeld. Natürlich wäre es wünschenswert, sich ständig zu feedbacken und sich permanent zu optimieren, aber die klassischen Feedbackgespräche, die kenne ich so, dass sie einmal im Jahr stattfinden. 

Hältst du das für ausreichend? Sollte man sie halbjährlich machen? Oder gibt es einen anderen Turnus, der sich für dich als optimal herausgestellt hat? 

Laura: 
Guter Punkt! Ich glaube, mittelständische Unternehmen können von Konzernen lernen – und umgekehrt. Wir müssen viel mehr schauen: Wie machen es andere Unternehmen, auch Start-ups und so weiter? 

Du sprichst ein wichtiges Thema an: Feedbackgespräche. Es gibt tatsächlich Unternehmen, da werden noch gar keine geführt. Aber in der Regel ist es einmal im Jahr – das kenne ich genauso. Da gibt es dann diesen standardisierten Feedbackprozess, und das ist in großen Organisationen auch wichtig, weil man es systemisch abbilden und nachvollziehen kann: Wen müssen wir weiterentwickeln, wo gibt es Bedarf? 

Aber trotzdem glaube ich: Es reicht nicht, nur einmal im Jahr Feedback zu geben. Ich habe damals regelmäßig Feedbackgespräche geführt – ich weiß gar nicht mehr genau, wie ich sie genannt habe, aber sie fanden regelmäßig statt, alle zwei Monate, manchmal sogar monatlich, je nach Situation. 

Dabei ging es nicht nur um Berufliches, sondern auch um private Themen. Und man sagt ja, Feedback sollte möglichst zeitnah erfolgen, damit man sich überhaupt noch an die Situation erinnert. Deshalb glaube ich, dass Führungskräfte heute einfach mehr Zeit brauchen. Wir müssen ihnen mehr Zeit einräumen, um zu führen, um sich um die Menschen zu kümmern, um Feedback zu geben und um wertschätzend zu sein. 

Also nein – einmal im Jahr reicht heute nicht mehr aus. 

Sybille: 
Ich habe da zwei Punkte dazu. Erstens möchte ich eine Lanze brechen für kleine Unternehmen: Es gibt eine Befragung von ifo und Randstad, die regelmäßig Personalverantwortliche befragen. Danach sagen die kleineren Unternehmen, dass sie tendenziell öfter Feedbackgespräche anbieten als einmal im Jahr. Die größeren sind da eher bei einem jährlichen Rhythmus. 

Allerdings sind es auch nur rund sechs Prozent der Unternehmen, die monatlich Feedbackgespräche führen – insofern bin ich da ganz bei dir, das könnte öfter passieren. 

Jetzt sprichst du das Thema Zeit für Führung an. Ich weiß nicht, wie du das damals erlebt hast, aber ich führe jetzt auch ein ziemlich großes Team und merke, das kann einen schon mal an die Grenze bringen. 

Wenn man sich mal einen aktuellen Befund anschaut – ich habe heute im Manager Magazin gelesen, dass die Initiative Chefinnen-Sache eine Umfrage veröffentlicht hat, laut der sich nur noch 27 Prozent der Befragten eine Führungsposition vorstellen können. Das ist der Tiefststand, seit sie diese Befragung durchführen. So wenige wie jetzt wollten das noch nie. 

Das ist ja schon ein ziemliches Alarmsignal, denn Führung ist ein breites Aufgabenpaket und bringt viel Verantwortung mit sich. Hast du Gedanken dazu, wie man damit umgehen kann – sowohl als Organisation als auch individuell als Führungskraft? 

Laura: 
Ich glaube, Führung ist der Schlüssel für ganz, ganz viel. Wenn wir uns unser Wirtschaftswachstum anschauen, das aktuell erschreckend niedrig ist, und viele andere Herausforderungen, die wir haben, glaube ich, dass wir mit guten Führungskräften einen großen Unterschied machen könnten. 

Und das soll jetzt gar kein Führungskräfte-Bashing sein – im Gegenteil. Genau wie du sagst, Sybille, es ist heute extrem anspruchsvoll, Führungskraft zu sein. Ich kann verstehen, warum manche Menschen sagen: „Das tue ich mir nicht an.“ 

Man ist ja oft in dieser Sandwich-Position: Oben hat man Menschen, die traditionell Karriere gemacht haben und traditionelle Anforderungen stellen, und unten Mitarbeitende – oft jüngere –, die sagen: „Wenn es mir hier nicht gefällt, gehe ich halt woanders hin.“ 

Diese Anforderungen, die heute an Führungskräfte gestellt werden, sind kaum noch alle zu erfüllen. Meine Empfehlung ist deshalb: Wir müssen auch darüber sprechen, was Führungskräfte in Zukunft nicht mehr machen müssen. Denn so wie es jetzt ist, funktioniert es nicht. 

Ich kann diese Zahlen also verstehen – aber es muss sich etwas verändern. Wir brauchen Menschen, die Verantwortung übernehmen und Lust haben, das Potenzial anderer zu entwickeln. Nicht nur in Unternehmen, sondern auch in Politik und Gesellschaft. 

Führung – ganz oben angefangen, beim Bundeskanzler und bis runter in jedes Team – ist extrem wichtig. 

Sybille: 
Ich glaube auch, die Kluft, die du gerade beschreibst, habe ich schon öfter wahrgenommen – zum Beispiel bei Town-Hall-Meetings. Wenn nämlich die oberste Führungsetage, die ganz anders sozialisiert wurde, auf die jungen Leute trifft und dann Fragen gestellt werden und eigentlich ja auch wertvolles Feedback gegeben wird – und man nur gegenseitiges Unverständnis sieht. 

Die Mitarbeitenden fühlen sich nicht ernst genommen, und die an der Spitze denken: „Wir kriegen gar nicht mit, was wir hier alles tun und leisten.“ Also wirklich super auf den Punkt gebracht – das verstehe ich vollkommen. 

Laura: 
Aber da hakt es. Diese Vorteile, die wir gerade haben, weil du das Thema Generationen ansprichst – ich glaube, man sollte das gar nicht mehr nur auf Generationen beziehen, sondern grundsätzlich mit einem positiven Menschenbild morgens zur Arbeit kommen. Ich glaube, da können wir schon ganz, ganz viel positiv verändern. 

Jens: 
Ich glaube, das positive Menschenbild kann auch dabei helfen – wir sprechen ja über konstruktive Feedbackkultur. Man muss sich natürlich offen begegnen können. Man muss sich ehrlich ins Gesicht sagen können, wo es klemmt, wenn es mal klemmt. 

Je stärker ein Unternehmen top-down geführt ist, desto schwieriger ist es oft, weil sich Mitarbeitende dann nicht trauen, sich zu öffnen oder ehrlich zu sagen, was sie beschäftigt. Da bleibt viel Produktivität – und auch Freude an der Arbeit – auf der Strecke. Wie kriegt man es hin, dass Menschen Vertrauen in ihre Führungskraft haben und sagen: „Ich hab da was auf dem Herzen, können wir das ändern, damit es besser wird?“ 

Laura: 
Total wichtig, das ganze Thema – psychologische Sicherheit zu schaffen. Das ist so wichtig, auch um erfolgreich und innovativ zu sein. Menschen müssen Fehlentwicklungen ansprechen können – Fehlerkultur ist ja auch ein Riesenthema. 

Um mal etwas konkreter zu werden: Ich setze mich stark dafür ein und bin auch ein Vorbild, was das Thema angeht, sich als Führungskraft verletzlich zu zeigen. Auch mal offen über Fehler zu sprechen und zu sagen: „Hey, hier habe ich einen Fehler gemacht.“ Wenn wir uns menschlich zeigen, gewinnen wir Vertrauen. Ich glaube, das ist ein Schlüssel, den wir alle umsetzen oder zumindest ausprobieren können. 

Das schafft so viel Vertrauen. Ich sage das auch aus eigener Erfahrung: Früher, als ich noch jünger war, dachte ich, Führungskräfte seien perfekt und würden keine Fehler machen – einfach, weil niemand darüber gesprochen hat. Und wir kennen das ja auch aus anderen Bereichen: Wir vertrauen Menschen mehr, die uns gegenüber offen sind und auch mal Dinge erzählen, die vielleicht nicht so gut laufen. 

Sybille: 
Vollkommen! Dass wir so große Probleme damit haben, als Führungskraft auch Schwäche zuzugeben, ist tatsächlich ein Thema. Wir haben ja gerade darüber gesprochen, wie ältere Generationen sozialisiert wurden. Da war das Thema Schwäche zeigen oder zu Fehlern zu stehen oft gleichgesetzt mit „nicht geeignet für Führung“. 

Das wollte man vermeiden – und ja, das wird auch eher mit Männern assoziiert. Ich will jetzt gar nicht in Stereotypen verfallen, aber tatsächlich ist das ein Thema. Und wenn ich mit Männern spreche, bestätigen sie mir genau das: Es galt als Schwäche – und wer Schwäche zeigt, macht keine Karriere. 

Jens: 
Absolut. Und ich finde auch, es gibt oder gab wenig Vorbilder, an denen man sehen konnte, dass man nach einem Fehler nicht sofort geht. Jemand, der einen Fehler gemacht hat, ihn offen eingestanden hat und trotzdem bleiben durfte – das sieht man selten. 

Siehe Fußballvereine: Wenn eine Mannschaft mal nicht gut performt, ist schnell der Trainer schuld. 

Sybille: 
Genau. 

Jens: 
Natürlich trägt er Verantwortung, aber ob es immer die klügste Entscheidung ist, jemanden ganz Neuen hinzusetzen, statt denjenigen, der die Fehler gemacht hat, die Chance zu geben, sie zu verbessern? Ich glaube, Vorbilder würden da wirklich helfen. 

Laura: 
Ja, oder auch in der Politik – da darfst du keinen Fehler machen, sonst bist du sofort weg. Ich weiß nicht, ob das das richtige Bild ist, das wir da vermitteln. Denn Fehler machen wir alle. Wir machen alle mal etwas falsch, und das ist völlig menschlich. 

Aber anstatt offen darüber zu sprechen, versuchen viele, es zu verbergen – und das hat langfristig eher negative als positive Folgen, auch im Unternehmenskontext. 

Jens: 
Ich glaube, in der Politik ist die Situation ein bisschen anders, weil man dort viele Widersacher hat, die nur darauf warten, dass jemand stürzt – dass sie einem etwas zwischen die Füße werfen können. Im Unternehmen ist das hoffentlich anders. 

Laura: 
Das gibt es in Unternehmen aber auch. Die Ellenbogenkultur – die gibt es durchaus. Vielleicht nicht ganz so drastisch wie auf der politischen Bühne, aber sinnbildlich gesprochen: Ja, die gibt es. 

Sybille: 
Wie ist es denn, wenn jetzt jemand zu mir kommt und sagt: „Das und das passt mir nicht“? Ich muss als Führungskraft vielleicht erst mal schlucken, fühle mich vielleicht persönlich getroffen. Man neigt ja sowieso dazu, Dinge persönlich zu nehmen – vor allem, wenn man seinen Job gern macht. Wie geht es dann weiter? 

Ich habe das Feedback gehört, versuche es anzunehmen – aber wie vermittle ich meinen Mitarbeitenden ein gutes Gefühl und zeige, dass es mir wichtig ist und wir gemeinsam daran arbeiten? 

Laura: 
Guter Punkt! Auch da aus eigener Erfahrung: Ich setze mich sehr stark für das Thema Feedback ein und habe versucht, vieles anders zu machen – vor allem auf Augenhöhe. Mir wurde damals oft gesagt, ich sei zu nah an den Menschen, zu nett, zu freundschaftlich, zu lieb. Aber ich glaube, genau das funktioniert, wenn man es ehrlich meint. 

Natürlich ist das, was du sagst, richtig: Wenn mir jemand negatives Feedback gibt, muss ich erst mal schlucken. Ich weiß noch genau, wie das war, als mir zum ersten Mal eine Mitarbeiterin kritisches Feedback gegeben hat. Das war kein schönes Gefühl – das mag niemand gern. 

Aber, wie wir am Anfang schon gesagt haben: Wenn ich das Gefühl habe, jemand möchte einfach, dass ich mich weiterentwickle, weil er Potenzial in mir sieht, dann kann ich das annehmen. 

Das ist eine wichtige Kompetenz für Führungskräfte – dieses Gefühl vermitteln zu können. Trotzdem hast du recht: Wie reagiert man im ersten Moment richtig? 

Ich glaube, es ist wichtig, erst mal tief durchzuatmen und eben nicht sofort in die Rechtfertigung zu gehen. Stattdessen das Feedback annehmen, zuhören, konkret nachfragen: „Wo hast du das gemerkt?“ oder „Was genau meinst du damit?“ Und sich aufrichtig bedanken. 

Denn wenn ich predige, ich will eine offene Feedbackkultur – und dann kommt jemand mit Kritik, und ich reagiere abwehrend oder defensiv –, dann wird diese Person mir nie wieder Feedback geben. Und das spricht sich im Unternehmen herum. 

Deshalb ist es entscheidend, in dem Moment richtig zu reagieren: das Feedback ernst zu nehmen, anzunehmen, vielleicht zu sagen: „Danke, dass du mir das gesagt hast. Ich denke noch mal darüber nach.“ 

Vielleicht auch hinzufügen: „Das war gar nicht meine Absicht, aber ich reflektiere das.“ Und dann für sich prüfen: Will oder muss ich etwas ändern – oder nicht? 

Man muss ja nicht jedes Feedback sofort umsetzen, klar. Aber wichtig ist, es ernst zu nehmen, mitzunehmen – und manchmal einfach eine Nacht drüber zu schlafen. 

Jens: 
Ich glaube, der Worst Case ist so ziemlich, dass man bei nächster Gelegenheit das Messer auspackt – so nach dem Motto: „Aber in dem Gespräch hast du doch gesagt …“ – und das Ganze dann noch vor versammelter Mannschaft. Da haben natürlich alle richtig Lust auf das nächste Feedbackgespräch. 

Laura: 
Genau, ja. Und es ist wirklich schwer. Ich bin ein sehr offener Mensch, ich habe kein Problem damit, zu Fehlern zu stehen – und trotzdem ist es total schwer. Es ist verletzend, wenn dir jemand so etwas sagt, weil man es in dem Moment doch nicht so klar trennen kann – zwischen der sachlichen und der persönlichen Ebene. 

Aber es ist so wirkungsvoll und so wertvoll, wenn man genau das schafft. Man bekommt auf einmal so viel mit. Natürlich muss man auch die Balance behalten – man ist als Führungskraft ja trotzdem eine Respektperson. 

Sybille: 
Nach meiner Erfahrung ist es oft so, dass wir Frauen – du hast es ja eben gesagt – versuchen, es wirklich allen recht zu machen. Wir denken immer für alle mit, und dann trifft einen Feedback natürlich doppelt hart, weil man ja eigentlich versucht hat, alles richtig zu machen und alle mitzunehmen. 

Laura: 
Genau, ja. 

Sybille: 
Das tut dann doppelt weh. Und ich möchte zum Ende noch einmal betonen – weil du mir an vielen Stellen so aus der Seele gesprochen hast und auch vielen anderen Frauen, mit denen ich spreche –: Wir seien zu nett. 

Ich finde, es ist absolut möglich, nett zu sein und trotzdem eine Respektperson zu bleiben. Verletzlich zu sein und gleichzeitig stark. Das schließt sich nicht aus. Und wenn das stärker über Vorbilder transportiert wird, glaube ich, dass viel mehr junge Frauen Lust bekommen auf Führung. 

Weil wir so viel gestalten können – miteinander – und das ist das Schöne. 

Laura: 
Ganz genau. 

Sybille: 
Jens, was sagst du als Mann? 

Jens: 
Ich höre auch immer wieder, dass ich viel zu nett bin. 

Sybille: 
Sehr gut! 

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Sybille: 
Laura Bornmann ist HR-Expertin und weiß, wie das klappt mit der konstruktiven Feedbackkultur. Worauf Sie achten sollten, damit Wertschätzung auch bei Ihnen zum Schlüssel wird – dazu hat Laura jetzt noch drei kurze Tipps für Sie. Los geht’s! 

Laura: 
Nummer eins: Ich würde immer empfehlen, bei Feedback damit zu beginnen: „Meine Wahrnehmung ist …“ Also: „Ich habe das so und so wahrgenommen“ – und das nicht als Tatsache hinzustellen. Das ist schon mal ganz wichtig. 

Zweiter Punkt: Mitarbeitende sollten das Gefühl haben, dass die Führungskraft – oder der Feedbackgeber, die Feedbackgeberin – wirklich Interesse hat. Ich als Mitarbeiterin spüre sofort, ob meine Führungskraft echtes Interesse daran hat, dass ich mich weiterentwickeln kann. Geht aus dem Feedback hervor, dass diese Person mein Potenzial sieht und mich fördern möchte? Das merken wir alle sofort. 

Und drittens: Ich würde immer versuchen, die sachliche von der persönlichen Ebene zu trennen. Das ist entscheidend. Man sollte sich nicht alles zu Herzen nehmen, sondern differenzieren: Das ist jetzt auf der sachlichen Ebene – aber persönlich können wir trotzdem weiterhin eine gute Beziehung haben. 

Sybille: 
Zum Mitnehmen! Ganz lieben Dank für den Besuch heute, Laura – schön, dass du da warst und so viele gute Tipps mitgebracht hast. 

Laura: 
Es hat mir sehr viel Spaß gemacht. Vielen Dank! 

Jens: 
Ich könnte noch stundenlang weiterreden – so ist das. Aber es geht ja weiter. In vier Wochen sind wir wieder da. 

Beim nächsten Mal sprechen wir über ein Thema, das leider jede oder jeden von uns treffen kann – und damit auch Ihre Beschäftigten und Sie selbst. Ein Thema, das ein ganzes Unternehmen treffen und beeinflussen kann, wenn sich niemand darum kümmert: Wir sprechen über Depressionen. 

Sybille: 
Genau, ein Thema, das leider oft noch in der Tabu-Ecke steckt. Und das ist schade, denn wir glauben – und auch unser Gast glaubt –, dass wir als Gesellschaft einen großen Schritt nach vorne machen könnten, wenn wir es schaffen, offener und transparenter darüber zu sprechen. 

Unser Gast ist Professor Ulrich Hegerl von der Stiftung Deutsche Depressionshilfe. Mit ihm sprechen wir am 10. Juli

Bis dahin wünschen wir Ihnen alles Gute – sagen Tschüss und bis bald! 

Jens: 
Tschüss, machen Sie’s gut! 
 
Fachleute für Fachkräfte – KOFA auf dem Sofa, der Podcast.

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