
Transkript: Folge 102
KOFA auf dem Sofa "Stellenanzeige neu gedacht": Was KMU heute anders machen müssen
KOFA auf dem Sofa – Dein Podcast für bessere Personalarbeit im Mittelstand
Präsentiert vom Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung
Sibylle:
Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge „KOFA auf dem Sofa“.
Ich bin Sibylle, und bei mir ist es ehrlich gesagt schon ganz schön lange her, dass ich zuletzt Stellenanzeigen durchforstet habe. Ich bin schon seit mehr als 20 Jahren am Institut der deutschen Wirtschaft. Aber ich habe immer mal wieder damit zu tun, Stellenanzeigen zu überarbeiten, denn wir suchen ja auch oft neue Kolleginnen und Kollegen. Und es ist gar nicht so einfach, sich dann noch mal die Zeit zu nehmen, zu überlegen: Wie formuliere ich das denn so, dass es auch wirklich gut bei der Zielgruppe ankommt?
Ich glaube, vielen von euch da draußen geht das ähnlich – zumindest, wenn ich mit Unternehmerinnen und Unternehmern spreche. Und deshalb freue ich mich total, dass heute Madeline Kern bei uns ist.
Hallo liebe Madeline, du bist Expertin für Stellenanzeigen und für Personal Recruiting insgesamt.
Ganz kurz zu deinem Hintergrund: Du hast Wirtschaft und Management studiert, warst dann in der Automobilbranche tätig und hast dich anschließend mit deiner Leidenschaft selbstständig gemacht – und das sehr erfolgreich. Mein Ziel ist es jetzt, in den nächsten 20 Minuten so viele Tipps wie möglich aus dir herauszukitzeln.
Was läuft denn bei Stellenanzeigen häufig falsch? Hast du da so drei typische Fehler, die du nennen kannst?
Madeline:
Ja, also ich finde bis zu hundert Fehler in Stellenanzeigen. Aber typische Fehler sind:
Erstens, dass der Titel eine interne Formulierung enthält oder zu kurz beziehungsweise zu lang ist – also, dass man sich über den Titel einfach nicht genügend Gedanken gemacht hat. Dabei ist das ja genau der Teil, über den eine Stellenanzeige gefunden wird – oder eben nicht. Da hängt also sehr, sehr viel dran.
Dann, wenn ich eine Stellenanzeige anschaue und als Erstes sehe, dass die Aufgaben in ganz kurzen Stichpunkten geschrieben sind – am besten noch mit substantivierten Sätzen – dann weiß ich schon: Da hat sich jemand wenig Gedanken gemacht. Das ist für mich ein Zeichen, dass da nicht viel bei rumkommen kann.
Und mein dritter Blick geht oft auf die Anforderungen: Wenn die viel länger sind als die Aufgaben, und die Benefits dann starten mit „Sie haben hier eine tolle neue Herausforderung und ein nettes Team“, dann denke ich mir: Ja gut, aber dafür wechselt ja nun wirklich niemand den Job.
Das sind so die drei Punkte, bei denen ich genau weiß: Da hat sich niemand ernsthaft mit der Anzeige beschäftigt.
Sibylle:
Das heißt im Umkehrschluss: Wenn man bei diesen drei Dingen ansetzt, kann man schon relativ viel erreichen. Man muss also gar keinen riesigen Workshop machen oder ewig viel Zeit investieren, um mehr passende Bewerbungen zu bekommen.
Madeline:
Man darf natürlich gern noch mehr machen. Im ersten Schritt empfehle ich aber immer: Bitte die Position wirklich verstehen. Es kommt ja auch darauf an, wer die Anzeige schreibt. Meine Empfehlung ist, dass das jemand aus dem Personalbereich macht – also jemand, der Recruiting-Erfahrung hat, wenn es diese Person im Unternehmen gibt.
Bei kleineren Unternehmen wissen wir, dass das manchmal jemand nebenher macht. Aber diese Person sollte sich bitte mit jemandem zusammensetzen, der oder die den Job tatsächlich ausführt – im besten Fall mit einer Teamleitung. Dann kommen die besten Stellenanzeigen heraus.
Der Job sollte also wirklich verstanden werden, denn nur dann können wir ihn gut nach außen beschreiben. Die Grundlage ist: Wir haben zwei Seiten – Menschen, die sich gerne bewerben möchten, und Unternehmen, die jemanden suchen. Und beide Seiten sollten so ehrlich wie möglich sein.
Wir erwarten ja von Bewerberinnen und Bewerbern, dass sie in Lebenslauf und Anschreiben möglichst viel und ehrlich reinschreiben. Auf der anderen Seite sind wir bei unseren Stellenanzeigen aber oft nicht wirklich transparent. Und genau das möchte ich gerne ändern.
Deshalb bin ich auch so gerne in Podcasts wie diesem hier, um zu sagen: Beschäftigt euch damit, was die Leute tatsächlich wissen sollten, wenn sie die Anzeige lesen.
Dazu gibt es übrigens auch Forschung – das nennt sich „Realistic Job Preview“. Also eine möglichst realistische, ehrliche Darstellung der Position. Und man weiß: Mit solchen realistischen Stellenanzeigen kommt man besser bei Kandidatinnen und Kandidaten an – und man kann sogar die Frühfluktuation verringern.
Das sind Erkenntnisse aus der Forschung. Natürlich ist das, wie immer bei Forschung, diskussionswürdig – aber es zeigt, dass es gute Möglichkeiten gibt, wenn man das richtig nach außen transportiert.
Sibylle:
Dann fangen wir doch mal oben an – beim Jobtitel. Du hast schon gesagt, er sollte so formuliert sein, dass man auch gefunden wird. Also so etwas wie „Kollege gesucht (m/w/d)“ ist eher nicht zu empfehlen, weil es einfach viel zu generisch ist. Wie komme ich denn zu einem guten Jobtitel?
Madeline:
Schritt eins: Bitte wieder in den Fachbereich gehen und die Leute dort fragen, wie sie sich selbst draußen nennen würden. Die haben ja manchmal interne Bezeichnungen an der Tür oder auf Schildern, aber die Frage ist: Wie würde jemand extern danach suchen?
Das wissen die Leute im Unternehmen meistens ganz gut. Zweite Möglichkeit: Schaut euch an, was die Konkurrenz macht. Nur an dieser Stelle ist das wirklich sinnvoll – einfach um zu sehen, wie ähnliche Positionen in der Branche heißen.
Und wenn man gar keine Ahnung hat, kann man auch mal eine KI befragen: „Ich habe den und den Job – wie könnte ein suchmaschinenoptimierter Titel aussehen?“ Natürlich kann die KI nicht wirklich Suchmaschinenoptimierung betreiben, aber sie kann tolle Vorschläge machen, die man dann zum Beispiel über Google Trends prüfen kann.
Mein Tipp: Nutzt Google Trends – das ist kostenlos und man kann einfach ausprobieren, welche Begriffe tatsächlich gesucht werden. Besonders wichtig ist es, echte Jobbezeichnungen zu verwenden.
Im Handwerk ist das einfach – Metzger, Maler, Schreiner – das sind feste Berufsbezeichnungen. Im Personalbereich wird’s schon schwieriger: Ist es ein HR-Manager, ein Recruiter, ein Personalreferent? Da hilft der Blick auf die Keywords – also welche Begriffe wirklich gesucht werden.
Sibylle:
Super, also Google Trends. Ich mag das Tool auch. Wir haben hier ja auch viele wissenschaftliche Positionen, und da komme ich manchmal selbst ins Schwimmen, wie ich das nennen soll, damit sich Leute wirklich angesprochen fühlen.
Und bitte: Macht keine Titel wie „Bürofee“ oder „eierlegende Wollmilchsau“. Das ist zwar lustig und schafft Aufmerksamkeit – aber eben nicht online, weil man so einfach nicht gefunden wird.
Du hast Transparenz schon öfter angesprochen. Du brennst ja auch dafür, dass du sagst: Gehälter dürfen ruhig genannt werden in Stellenanzeigen.
Kannst du das ein bisschen erklären? Denn viele Unternehmen scheuen sich ja, ihre Zahlen so offen ins Schaufenster zu hängen.
Sibylle:
Du hast Transparenz schon öfter angesprochen. Du brennst ja auch dafür, dass du sagst: Gehälter dürfen ruhig genannt werden in Stellenanzeigen.
Kannst du das ein bisschen erklären? Denn viele Unternehmen scheuen sich ja, ihre Zahlen so offen ins Schaufenster zu hängen.
Madeline:
Ja, das ist gerade ein brandaktuelles Thema, weil es ja ein Gehaltstransparenzgesetz gibt – das existiert in Deutschland schon seit mehreren Jahren. Dieses Gesetz wird jetzt überarbeitet, weil eine neue EU-Richtlinie kommt. Wenn alles gut läuft, wird sie 2026 in deutsches Recht umgesetzt.
So, das mal als Grundlage.
Da steht allerdings nicht drin, dass das Gehalt zwingend in die Stellenanzeige muss – auch wenn wir uns das alle wünschen würden. Denn eigentlich geht es ja darum, Bewerberinnen und Bewerbern gegenüber attraktiv aufzutreten.
Aktuell schreiben ungefähr 20 % der Unternehmen schon eine Gehaltsspanne oder zumindest einen Hinweis auf das Gehalt in ihre Anzeigen – manche machen das zum Beispiel über Tarifverträge. Und diese Unternehmen bekommen tatsächlich deutlich mehr und auch passendere Bewerbungen.
Denn das Gehalt ist ja ein wichtiger Verhandlungsbestandteil eines Jobs. Wenn wir da von vornherein klar machen: „Das ist unser Budget“, und Bewerberinnen oder Bewerber sagen dann: „Okay, davon kann ich meine Miete nicht bezahlen“, dann wird direkt klar – wir kommen nicht zusammen.
Wenn aber klar ist, dass man theoretisch zusammenkommen könnte, dann gehen Bewerberinnen und Bewerber den nächsten Schritt und klicken tatsächlich auf „Bewerben“. Das hilft also enorm bei der Selbstselektion – auch, um unpassende Bewerbungen zu vermeiden.
Dafür ist eine Stellenanzeige ja auch da: Um klarzumachen, wen wir suchen – und wen nicht.
Es gibt natürlich auch Argumente dagegen, aber die wenigsten lasse ich wirklich gelten. Nur ein einziges Beispiel akzeptiere ich:
Ein Apotheker hat mir erzählt, dass die Apotheke zwei Straßen weiter schon einmal seine komplette Stellenanzeige kopiert hat. Wenn er jetzt noch das Gehalt reinschreiben würde, könnten die einfach 50 Euro drauflegen – und der Job ist relativ austauschbar. In so einem Fall kann ich das nachvollziehen, und wir haben das Gehalt dort weggelassen.
Aber alle anderen Kunden kriege ich überzeugt.
Sibylle:
Na gut, aber dann hat er ja offenbar schon viel richtig gemacht – wenn andere seine Anzeige kopieren! Und klar, ein Apothekerjob ist vielleicht von den Aufgaben her austauschbar, aber ja nicht unbedingt von der Atmosphäre oder dem Miteinander.
Wie schaffe ich es denn, diese weichen Faktoren – also die Kultur, das Klima oder das, was es besonders schön macht, bei uns zu arbeiten – in einer Stellenanzeige rüberzubringen? Hast du da einen Tipp?
Madeline:
Ja, da habe ich tatsächlich einen ganz einfachen Tipp. Viele versuchen das ja schon – aber meistens rutscht es irgendwo bei den Benefits mit rein, und das ist dann nicht richtig greifbar. Es gibt einfach kein eigenes Kästchen dafür.
Ich empfehle deshalb: Schafft euch selbst eines!
Macht einfach einen neuen Abschnitt in der Anzeige, zum Beispiel mit der Überschrift „Kultur und Arbeitsweise“, „So ticken wir“ oder „So arbeiten wir“ – je nachdem, was besser zum Unternehmen passt.
Dort kann man beschreiben, wie man arbeitet:
Wie oft gibt es Teammeetings? Wie digital arbeitet ihr? Wie groß ist das Team überhaupt? Und manche Unternehmen gehen da noch weiter und schreiben: „Bei uns wird jeden Freitag gegrillt“ oder „Wir haben einen Pool im Innenhof“.
Das hängt ganz von der Unternehmenskultur ab.
Ich habe Kundinnen und Kunden mit ganz verrückten Benefits – vom Bürohund bis zum Spielzimmer für Kinder oder besonders schönen Sommerfesten. Für solche Dinge braucht es Raum. Also nicht nur einen kleinen Absatz bei den Benefits, sondern wirklich einen eigenen Abschnitt.
Dort kann man auch zeigen, wie das Thema Vereinbarkeit im Unternehmen gelebt wird. Zum Beispiel: „Bei uns im Team haben alle Kinder, und wir wissen, wie das im Winter läuft, wenn ständig jemand zu Hause bleiben muss.“ Das ist authentisch und nah dran an der Realität.
Sibylle:
Das heißt also: Weniger Schlagwörter wie „Vereinbarkeit ist uns wichtig“, sondern wirklich ausbuchstabieren, was das konkret heißt – am besten mit ein oder zwei Beispielen, damit man das Unternehmen wirklich versteht.
Das finde ich super.
Noch eine typische Frage: Wir waren ja schon beim Jobtitel, aber was sagst du eigentlich zu diesem „(m/w/d)“, das man ja meist hinten dran klatscht – wegen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes? Gibt es da schönere Möglichkeiten?
Madeline:
Ich finde es schön, dass du direkt sagst „hinten dran klatscht“. Ja, bitte: Ganz nach hinten schieben – denn danach sucht niemand. Das ist aus reiner Gewohnheit so, aber es bringt in der Suchmaschinenauffindbarkeit gar nichts.
Und: Es ist kein Zwang, dieses „(m/w/d)“ zu schreiben. Das wird oft angenommen, stimmt aber nicht. Es ist nur die etwas unelegante, aber bequeme Art, dem AGG gerecht zu werden.
Man darf stattdessen auch gerne einen Satz in die Anzeige aufnehmen – sofern er ernst gemeint ist. Einige Unternehmen machen das schon mit sogenannten Diversity-Disclaimern.
Ich persönlich finde: Das „(m/w/d)“ ist ein schwieriges Ding. Eigentlich muss der gesamte Bewerbungsprozess diskriminierungsfrei sein – das schreibt das Gesetz vor. Man muss das also nicht extra erwähnen.
Aber wenn man es reinschreibt, dann doch bitte auf eine menschlichere Art. Zum Beispiel mit einem Satz wie:
„Uns ist egal, wo du herkommst, wie alt du bist oder welches Geschlecht du hast – Hauptsache, du bringst uns als Mensch weiter.“
Das kann man sehr individuell formulieren, je nach Unternehmensstil – von locker bis sachlich.
Das „(m/w/d)“ ist also kein Muss. Manche schreiben stattdessen „(gn)“ für genderneutral oder – das habe ich auch schon gesehen – „(Mensch)“.
Da musste ich ehrlich gesagt schmunzeln – denn „in Klammern Tier“ wäre dann wohl die nächste Stufe. Aber ja, manchmal hilft es, ein bisschen aufzufallen – und vor allem zu zeigen: Wir haben uns wirklich Gedanken gemacht.
Sibylle:
Viele Unternehmen, mit denen ich arbeite, öffnen sich immer mehr für Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger.
Wie kann ich das denn in der Stellenanzeige gut rüberbringen? Denn gerade bei den Qualifikationen wird es ja schwierig – was schreibe ich da rein? „Egal, was du gelernt hast“? Oder „Alle sind willkommen“? Wie würdest du damit umgehen?
Madeline:
Ganz einfach: Im ersten Schritt das Wort „Quereinsteiger“ auch wirklich reinschreiben.
Der Witz ist nämlich, dass dieser Begriff sehr häufig gesucht wird. Wenn ich also in den Suchergebnissen auffallen will, sollte er unbedingt vorkommen – zum Beispiel mit einem Satz wie:
„Quereinsteiger sind bei uns herzlich willkommen.“
Und dann kann man ergänzen:
„Deine Einarbeitungsphase ist bei uns etwas länger, weil wir möchten, dass du alles von Grund auf lernst.“
So zeigt man, dass man offen ist, aber gleichzeitig auch Sicherheit bietet.
Bei den Anforderungen sollte man nur das aufführen, was wirklich zwingend notwendig ist – also Dinge, die jemand unbedingt können muss.
Ich habe zum Beispiel mit einer Bank zusammengearbeitet, die gesagt hat:
„Unsere Kundenberaterinnen und -berater müssen gar nicht tief im Thema Finanzen drin sein. Wir brauchen Menschen, die freundlich sind und gut mit Kundinnen und Kunden umgehen können. Die Finanzprodukte bringen wir ihnen bei.“
Und genau so etwas kann man dann auch in die Anzeige schreiben – etwa:
„Du hast schon im Hotelgewerbe oder am Empfang gearbeitet? Du bist gut darin, Kundenbeziehungen aufzubauen und Vertrauen zu schaffen? Dann bist du bei uns richtig.“
Das sind die Punkte, die man sucht – nicht zwingend formale Abschlüsse.
Ich arbeite bei den Anforderungen gerne mit Skills, aber manchmal sind es eben Soft Skills – also nicht Fliesenlegen beim Fliesenleger, sondern eine offene, freundliche Art bei einer Empfangsposition.
Und wenn man dann noch schreibt: „Unsere Produkte bringen wir dir bei – kein Problem, wir brauchen einfach dich mit deiner Art“, dann spricht das genau die richtigen Leute an.
Sibylle:
Das ist übrigens auch ein guter Tipp, wenn man möchte, dass sich mehr Frauen bewerben.
Denn wenn man weniger harte Anforderungen reinschreibt und stattdessen beschreibt, was man gut kann, statt was man haben muss, fühlen sich oft mehr Menschen angesprochen.
Also lieber „Du bist gut darin, Kontakte aufzubauen und zu pflegen“ als „Netzwerken“.
Und auch dieses Thema mit den substantivierten Formulierungen – also „Erarbeitung von Dokumenten“ – das liest man ja immer noch so oft.
Das war vielleicht vor 20 Jahren üblich, als man viele Bewerbungen bekommen hat und selektieren musste. Aber heute, auf einem Arbeitnehmermarkt, sollte man eher die Hürden senken und viele Menschen für sich gewinnen.
Noch eine typische Frage: Duzen oder Siezen in Stellenanzeigen?
Madeline:
So, wie es passt.
Ich hatte das Thema tatsächlich gerade erst in einem Training – und es gibt Unternehmen, die das sogar mit Zahlen belegen können, was besser funktioniert.
Es hängt sehr stark von zwei Dingen ab: von der Zielgruppe und vom Unternehmen selbst.
Es gibt Studien – unter anderem mit Professor Kanning – zum Thema Employer Branding und wie Unternehmen wahrgenommen werden.
Wenn jetzt zum Beispiel eine Anwaltskanzlei plötzlich alle duzt, wirkt das schnell unauthentisch.
Dann stellen sich Fragen wie:
„Nimmt man ihnen das ab?“
Und: „Können sie das im gesamten Prozess auch durchhalten?“
Denn viele schaffen das nicht. Wenn man Bewerberinnen und Bewerber in der Anzeige duzt, sie aber im Bewerbungsgespräch plötzlich siezt, entsteht sofort ein Bruch.
Es gibt aber natürlich Kanzleien, bei denen das Du wunderbar funktioniert – genauso wie Start-ups, bei denen ein Sie völlig fehl am Platz wäre.
Ich habe deshalb keine pauschale Empfehlung.
Es gibt Leute, die sagen, man müsse immer duzen – aber das stimmt einfach nicht. Nicht jede Zielgruppe fühlt sich damit angesprochen, und nicht jedes Unternehmen kann das glaubwürdig umsetzen.
Gerade bei größeren Unternehmen wird es interessant, weil unterschiedliche Abteilungen ganz unterschiedlich ticken.
Ich hatte zum Beispiel in einem großen Unternehmen eine Kollegin aus dem Filialbereich, die meinte:
„Ich kriege meine Leute niemals dazu, Bewerber im Gespräch zu duzen. Das machen die einfach nicht.“
Und dann war auch klar: Gut, dann bleiben diese Stellenanzeigen eben beim Sie – fertig.
Sibylle:
Ja, weil es so wichtig ist, authentisch zu sein.
Alles, was ich in die Anzeige schreibe, sollte auch später im Bewerbungsprozess erlebbar sein.
Nutzt du eigentlich KI-Tools, um deine Stellenanzeigen zu optimieren?
Madeline:
Ja, das tue ich – beziehungsweise: Ich habe sogar ein eigenes entwickelt, gemeinsam mit meiner Co-Founderin.
Wir haben ein Tool gebaut und so trainiert, dass wirklich nur noch gute Stellenanzeigen dabei herauskommen.
Das hat allerdings eine Weile gedauert, weil KI sich gerne mal verschluckt oder halluziniert.
Ich zeige aber auch, wie man kostenlose oder günstige Tools nutzen kann – denn viel hängt davon ab, wie man promptet.
Mit guten Prompts kann man tolle Ergebnisse erzielen – aber es braucht Zeit. Es ist selten mit zwei Zeilen getan.
Und genau deshalb haben wir gesagt: Wir wollen es besser machen – mit unserem Tool, dem Job Optimizer.
Da steckt viel Arbeit drin und viele Praxisbeispiele, damit ein hoher Standard entsteht.
Und das funktioniert wirklich gut.
Sibylle:
Naja, mit den normalen KI-Tools wird’s, glaube ich, schwierig. Aber man kann sich da ja gut reinfuchsen. Man muss sich halt wirklich damit beschäftigen.
Madeline:
Genau, das stimmt. Ich hab auch eine ganze Weile gebraucht, um dem Ding klarzumachen, was ich eigentlich daraus haben möchte. Der Hintergrund ist ja: Diese KI-Tools werden mit dem trainiert, was auf dem Markt vorhanden ist – und wir wissen beide, dass es da viele schlechte Stellenanzeigen gibt.
Wenn ich also einer KI keine klare Richtung vorgebe, bringt sie im Grunde nur den Durchschnitt raus. Ich muss ihr ganz genau sagen, in welche Richtung sie gehen soll. Zum Beispiel: „Bitte formuliere eine Stellenanzeige für diese Zielgruppe, in diesem Sprachstil, mit ausformulierten Sätzen.“ Am besten gebe ich ihr auch eine Beispielanzeige, damit klar ist, wie das Ergebnis aussehen soll.
Und dafür muss ich natürlich selbst erstmal wissen: Was will ich eigentlich?
Das ist vielen gar nicht bewusst. Viele tippen einfach drauflos, sind dann unzufrieden und sagen: „Das war nicht das, was ich wollte.“
Aber um zu wissen, was man will, muss man erst einmal verstehen, was eine gute Anzeige überhaupt ausmacht.
Texten kann KI super. Stil umschreiben auch – zum Beispiel: „Nimm genau diese Stellenanzeige und formuliere sie im Sie-Stil um.“ Das klappt wunderbar. Aber eine wirklich gute, passgenaue Anzeige entsteht erst dann, wenn ich weiß, wen ich ansprechen will und wie.
Sibylle:
Ja, und das passt ja auch zu deinem Tipp vom Anfang: Ich muss erstmal wirklich verstehen, was die Aufgaben und die Rolle dieser Stelle sind, bevor ich sie ausschreibe. Da ist KI dann eben keine Abkürzung.
Wenn ich jetzt meine Stellenanzeige fertig habe – läuft Recruiting eigentlich nur noch online, oder sagst du, dass es in manchen Regionen auch sinnvoll ist, noch oldschool in der Zeitung zu annoncieren?
Madeline:
Ich persönlich mag das total – aber es muss wirklich gut passen. Es ist eine Frage der Zielgruppe.
Wenn man zum Beispiel pädagogische Fachkräfte für Kitas sucht, kann es total sinnvoll sein, im Ortsblatt zu inserieren. Da darf die Anzeige ruhig auffallen, da darf man sich austoben – auch mit kreativen Titeln. „Bürofee“ oder ähnliches funktioniert da super, weil man nicht gefunden werden muss, sondern einfach Aufmerksamkeit braucht.
Offline darf’s also ruhig ein bisschen verspielter sein. Ich sag immer: Offline tobt euch aus, online bleibt sauber strukturiert.
Ich sitze ja in Stuttgart-West – und da lese ich tatsächlich das „Westblättle“. Wenn ich das in Trainings erzähle, sagen viele direkt: „Ja, genau so ein Format haben wir hier auch.“
Für manche Berufe ist das perfekt, für andere eher nicht.
Manchmal reicht eine große Online-Stellenbörse mit viel Reichweite.
Manchmal ist es aber besser, spezialisierte Plattformen zu nutzen, die auf eine Branche zugeschnitten sind – zum Beispiel Fachportale für Ärztinnen und Ärzte, wo die Zielgruppe tatsächlich liest, online wie offline.
Wenn ich etwa Personalstellen ausschreiben möchte, dann würde ich überlegen, ob ich in Fachzeitschriften wie Personalmagazin oder Personalwirtschaft inseriere. Das ist zwar teurer, aber dafür weiß ich, dass ich die richtigen Leute erreiche.
Sibylle:
Das ist ein guter Punkt – also wirklich überlegen, wo die Zielgruppe unterwegs ist, und dort sichtbar werden.
Wissen zum Mitnehmen:
Zu Gast heute ist Madeline Kern – und sie gibt uns jetzt noch mal drei Tipps, wie wir Stellenanzeigen zielgruppengerecht aufbereiten können.
Madeline:
Tipp Nummer 1:
Schreibt eure Stellenanzeigen für Bewerberinnen und Bewerber – nicht für den Fachbereich, nicht für die Geschäftsführung.
Die wichtigste Frage ist: Was interessiert die Menschen genau jetzt? Was ist für sie relevant, damit sie sich angesprochen fühlen?
Tipp Nummer 2:
Lasst eure Stellenanzeigen gegenprüfen – sowohl vom Fachbereich („Stimmt das so?“) als auch gerne mal von außen oder durch eine KI. Lasst prüfen, ob Menschen außerhalb eures Unternehmens verstehen, was ihr da geschrieben habt – und ob es ihnen gefällt. Da bekommt man oft die besten Rückmeldungen.
Tipp Nummer 3:
Schmeißt die Buzzwords raus.
Alles, was falsch verstanden werden kann oder nicht wirklich zur Stelle passt, raus damit. Wenn ein Begriff wichtig ist, dann erklärt ihn – baut ihn in die Aufgabenbeschreibung ein, damit klar wird, warum ihr ihn verwendet.
Dann läuft das auch mit den Stellenanzeigen.
Sibylle:
Wissen to go – vielen Dank, liebe Madeline! Ich habe ganz viele Tipps mitgenommen.
Wenn euch die Folge gefallen hat, folgt Madeline gern auf LinkedIn – da gibt’s viele spannende und auch lustige Fundstücke rund ums Thema Stellenanzeigen.
Und wenn euch KOFA auf dem Sofa gefallen hat, lasst uns gern ein Like da, empfehlt uns weiter und folgt uns auf unseren Social-Media-Kanälen – da, wo ihr unterwegs seid.
In zwei Wochen ist Letizia wieder für euch da.
Bis dahin: Macht’s gut und tschüss!
KOFA auf dem Sofa – alle Folgen findet ihr auf kofa.de.