
Betriebskindergarten als KMU-Netzwerk gemeinsam aufbauen
Einen Betriebskindergarten als KMU ans Laufen bringen: 3 wichtige Tipps
- Sich mit pädagogischen Konzepten auseinandersetzen und auswählen: Welche Rolle sollen zum Beispiel Tagesstruktur, Freispiel, Outdoor-Erfahrungen und Elternarbeit spielen?
- Akteurinnen und Akteure rechtzeitig einbeziehen: Dazu zählen die Ansprechpersonen bei der Stadt und natürlich die Betroffenen in dem/den Unternehmen.
- Den Bedarf realistisch ermitteln: Je 100 Mitarbeitende in den oder dem Unternehmen liegt der Bedarf in etwa bei einem benötigten Betreuungsplatz für unter Dreijährige. Das heißt beispielsweise bei 500 Beschäftigten, dass der Betriebskindergarten 5 Plätze für Kinder dieses Alters bieten sollte. Dies ist aber oft von der Branche abhängig.
Unternehmer-Initiative setzt auf Vereinbarkeit
Bindung, Tagesstruktur, kindgerechte Räume, Elternarbeit: Diese Elemente des pädagogischen Konzepts haben sich die Initiatoren der Kita Mühlengarten in Oldenburg gemeinsam erarbeitet. Der Betriebskindergarten ist auf ungewöhnliche Weise entstanden. Er geht auf eine Unternehmer-Initiative für die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zurück. Die Idee: eine Kita direkt im Gewerbegebiet Tweelbäke einrichten.
Der Einsatz der Arbeitgeber für die Kinderbetreuung ihrer Mitarbeitenden hat sich bis heute bewährt. Die Kita Mühlengarten feierte 2025 ihr zehnjähriges Bestehen. Heute machen 40 Unternehmen mit. Die rund zehn betreuten Kinder sind zwischen einem Jahr und drei Jahren alt.
Ein Betriebskindergarten für die Kleinsten
In der Kita ist ein Start in den Morgen wie dieser typisch: Es klingelt im Mühlengarten. Die bereits anwesenden Kinder freuen sich, ihre Spielpartner in Empfang zu nehmen. Laura ist schon ganz aufgeregt, denn sie möchte unbedingt mit Felix und den Autos spielen. Die Kinder werden alle mit Namen und mit einem Lachen begrüßt. „Das ist uns ein ganz besonderes Anliegen“, sagt Kita-Leiterin Sandra Weber, „denn jede und jeder ist hier willkommen und soll sich wohlfühlen.“ Zum Morgenkreis gehören Lieder, Bewegung und Gitarrenbegleitung.
Diese Kita ist auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ausgerichtet
„Familienfreundlichkeit ist heute wichtiger denn je“, betont sie. „Gerade, wenn beide Elternteile berufstätig sind, entlastet das den Alltag, beugt Stress vor und kommt damit allen zugute.“
Zwar existieren mehrere Stellschrauben für Familienfreundlichkeit, etwa flexible Arbeitszeiten und Homeoffice. Eine Kita, die sich nach dem Bedarf der Eltern richtet, ist dabei jedoch ein wichtiger Faktor. Dies funktioniert bei der Kita Mühlengarten so:
- Betreuungszeiten: Die Kita öffnet bereits um 7.30 Uhr. Sie schließt in aller Regel um 14.30 Uhr. Diesen Bedarf hat die Kita bei den Eltern ermittelt. Brauchen die Eltern mehr, lassen sich die Öffnungszeiten erweitern.
- Schließzeiten: Offizielle Schließzeiten gibt es nicht. Die Kita-Leitung stimmt mit den Eltern ab, wann die Kita Ferien macht. So können die Mitarbeitenden nahezu ununterbrochen weiterarbeiten, statt sich wegen der Schließzeiten Urlaub zu nehmen oder organisatorische Kunststücke zu vollbringen.
- Arbeitsplatznahe Kinderbetreuung: Fällt etwas vor, sind die Eltern schnell bei ihren Kindern.
So engagieren sich die Arbeitgeber für die Kinderbetreuung
Die Kita Mühlengarten ist für die rund 1750 Mitarbeitenden der beteiligten Unternehmen gedacht. Sie ist als Genossenschaft organisiert. Die Initiative geht auf drei Oldenburger Unternehmer zurück: Bernd Weber von der Nordwest Automobil Gesellschaft (NOWAG), Bernd Titgemeyer von der Firma Nordquest und Frank Hullmeine vom Bauunternehmen Stefen. Sie waren gleich dabei, als das Sozialamt der Stadt Oldenburg im Jahr 2014 mehrere Unternehmen nach ihrem Kinderbetreuungsbedarf befragte. Es wollte auch wissen, ob sie bereit seien, Betriebskindergärten zu organisieren. Dies war der Fall. Die nächsten Schritte waren dann:
- Sich informieren: Das Start-Team machte einen Termin mit der Stadt aus. Außerdem besichtigte es Betriebskindergärten – als Basis für das eigene pädagogische Konzept.
- Mitstreiter aktivieren: Dazu diente eine Infoveranstaltung im Audi Zentrum Oldenburg. Mit elf weiteren Unternehmen gründeten die Initiatoren eine Genossenschaft. Diese bildet bis heute den Rechtsrahmen für die Kita Mühlengarten.
- Partner finden: Das Deutsche Rote Kreuz betreibt die Kita und stellt das Betreuungspersonal. Dafür entrichtet jedes Unternehmen einen Monatsbeitrag. Er beträgt für alle Unternehmen zusammen zirka 6000 Euro. Das sind pro Unternehmen zwischen 60 und 400 Euro, je nach Anzahl der Beschäftigten. Die Eltern zahlen die üblichen Monatsbeiträge der Stadt Oldenburg.
Was den Beitrag der Unternehmen betrifft, so meint Bernd Weber: „Das ist nicht viel Geld, aber die Außenwirkung ist für viele Unternehmen enorm. Nicht nur die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sehen, dass ihr Arbeitgeber sich kümmert, auch neue Talente finden das Betreuungsangebot attraktiv.“
Darum sind familienfreundliche Unternehmen ihrer Konkurrenz voraus
Die Arbeitgeber, die sich für den Betriebskindergarten Mühlengarten engagieren, sehen Familienfreundlichkeit als Wettbewerbsvorteil. Ihre Argumente sind:
- Familienfreundliche Arbeitgeber gewinnen leichter Fachkräfte und binden ihre Mitarbeitenden langfristig.
- Die Arbeitgeber steigern die Motivation und Produktivität, weil sie Kinderbetreuung einfach machen. Betreuungsausfälle des gängigen Kita-Systems bedeuten für die Eltern oft Stress.
- Die Unternehmen stärken ihr Image als moderne und sozial verantwortliche Arbeitgeber.
Der Betriebskindergarten als Teil des Gewerbegebiets
Die beteiligten Unternehmen des Gewerbegebiets Tweelbäke haben für eine attraktive Ausstattung des Betriebskindergartens gesorgt. Es gibt zum Beispiel ein Bällebad, Aktions- und Ruheräume sowie einen Garten.
Häufig sind es die einfachen Dinge, die die Kleinkinder faszinieren, etwa das Kneten: „Kneten fördert verschiedenste Entwicklungsbereiche“, erklärt Sandra Weber. „Die Kinder werden kreativ, bekommen unterschiedliche Sinneseindrücke, schulen ihre Feinmotorik, kommen ins Gespräch mit den anderen Kindern und Erziehern und erweitern ihre Sprachkenntnisse.“
Spielerisch aktiv sein und Geborgenheit vermitteln, das ist eines der Ziele des Kita-Teams, zu dem auch Sozialassistentin Sabrina Höckel und Tagesmutter Regina Achugo gehören. Leiterin Sandra Weber ergänzt: „Die Eltern kennen einander. Sie tauschen sich aus und wissen, ihr Kind ist hier gut aufgehoben, es geht nicht in der Menge unter. Und das soll auch so bleiben.“