
Frauen rekrutieren: Wie Sie weibliche Fachkräfte gewinnen
Das Wichtigste in Kürze
- Gezielt Frauen rekrutieren lohnt sich: In vielen Branchen herrscht Fachkräftemangel. Frauen sind ein großes, teilweise ungenutztes Potenzial.
- Wer Frauen rekrutieren möchte, sollte Stellenausschreibungen und Kommunikation anpassen: Frauen bewerben sich häufig nur, wenn sie nahezu alle Anforderungen erfüllen. Unternehmen sollten daher Qualifikationen sorgfältig prüfen und klar zwischen “Muss” und “Kann” unterscheiden. Achten Sie zudem auf gendergerechte Sprache in Stellenanzeigen.
- Arbeitsbedingungen und Rahmenfaktoren optimieren: Faire Gehaltsstrukturen sowie Sichtbarkeit weiblicher Vorbilder machen Unternehmen für Frauen attraktiver.
Gezielt Frauen rekrutieren – warum sich das lohnt
Ob Handwerk, Pflege oder IT-Berufe, in nahezu allen Branchen fehlen immer mehr Fachkräfte. Mehr als 1,2 Millionen offene Stellen gab es für qualifizierte Arbeitskräfte zwischen Juli 2021 und Juli 2022 in Deutschland knapp 538.000 konnten rein rechnerisch nicht besetzt werden. Bei einem Blick auf die zehn Berufe mit dem größten Fachkräftemangel in Deutschland wird klar: Bei fast allen handelt es sich um typische Männer- oder Frauenberufe, in denen das jeweilige andere Geschlecht nur wenig vertreten ist. Es kann sich also lohnen, Frauen gezielt als Fachkräfte zu gewinnen.
Mehr Frauen für Engpassberufe: Ein Hebel gegen den Fachkräftemangel
Der überwiegende Teil der Stellen in Engpassberufen wird in männertypischen oder frauentypischen Berufen ausgeschrieben. Nur knapp 16 Prozent aller Stellen in Engpassberufen werden in geschlechtsuntypischen Berufen gemeldet (Malin et al. 2019).
Fachkräftemangel gibt es also besonders häufig in Berufen, die mit gesellschaftlichen Geschlechterklischees behaftet sind. Vor allem in Berufen, die als typisch „männlich“ gelten, ist es deshalb umso wichtiger, Frauen als Zielgruppe zu adressieren und um sie zu werben.
Doch auch in anderen Berufen können Frauen helfen, den Fachkräftemangel in Deutschland abzuschwächen. Frauen sind ein wichtiges Fachkräftepotenzial, das es auf dem Arbeitsmarkt noch gibt. Oftmals sind sie es, die wegen kleiner Kinder länger pausieren oder nur wenige Stunden in Teilzeit arbeiten. Hier sind Unternehmen gefragt, passende Angebote zu gestalten und so Potenzial zu heben.
Frauen rekrutieren: Stellenanzeigen gezielt optimieren
Stellenanzeigen sind der erste Kontaktpunkt bei der Suche nach Mitarbeiterinnen. Wenn Sie gezielt Frauen rekrutieren möchten, beachten Sie bei der Ansprache folgende Tipps:
- Gendergerechte und inklusive Sprache nutzen: Beziehen Sie Frauen sprachlich mit ein. Sie suchen einen Fachmann? Dann werden sich wohl auch nur Männer bewerben. Sprechen Sie in Ihren Stellenanzeigen alle Geschlechter an und suchen Sie beispielsweise nach Bäckerinnen und Bäckern oder Bäcker*innen. Sie können sich auch für eine neutrale Schreibweise entscheiden wie beispielsweise Fachkraft im Bäckerhandwerk. So fühlen sich alle Personen angesprochen und Sie erhöhen die Reichweite Ihrer Stellenanzeige.
- Authentische Bildsprache verwenden: Zeigen Sie in Stellenanzeigen Frauen Ihres Unternehmens, damit sich Ihre künftigen Fachkräfte mit Vorbildern identifizieren können. Sollte es nur wenige Frauen in Ihrem Unternehmen geben, kommunizieren Sie das offen. So zeigen Sie, dass sie bereit für Veränderung sind.
- Anforderungen realistisch formulieren: Frauen machen sich auf dem Arbeitsmarkt oft kleiner als sie sind und bewerben sich öfter als Männer auf Stellen, die unter ihrem Qualifikationsniveau liegen. Hinzu kommt: Frauen bewerben sich eher dann, wenn sie einen Großteil der geforderten Kriterien erfüllen. Unternehmen sollten deshalb genau prüfen, welche Anforderungen für offene Stellen unbedingt notwendig sind und welche sich während der Einarbeitung erwerben lassen. Wichtig ist, dass Sie diese Unterscheidung auch in der Formulierung der Stellenanzeigen berücksichtigen – z. B. durch getrennte Muss- und Kann-Anforderungen oder konkrete Aufgabenbeschreibungen statt abstrakter Eigenschaften.
Tipp: Nutzen Sie gezielt Stellenbörsen, die sich auf die Rekrutierung von Frauen spezialisiert haben, wie beispielsweise Superheldin und Femalemanagers .

„Noch nie waren so viele Frauen am Arbeitsmarkt aktiv und trotzdem bleibt viel ungenutztes Potenzial. Mehr Arbeitszeit, mehr Verantwortung, mehr Gestaltung. So können Frauen noch weiter zur Fachkräftesicherung beitragen.“
Dr. Anika JansenKOFA-ExpertinDownload-Materialien zum Thema "Frauen rekrutieren"
Frauen rekrutieren: Was weiblichen Talenten in der Arbeitswelt wichtig ist
Möchten Sie erfolgreich Frauen rekrutieren, müssen Sie zunächst verstehen, welche Kriterien für viele Bewerberinnen relevant sind. Die folgenden Faktoren spielen dabei eine wichtige Rolle:
- Flexible Arbeitszeitmodelle: Noch immer tragen Frauen einen großen Teil der familiären Verantwortung. Starre Arbeitszeiten, Präsenzkulturen und kurzfristige Terminänderungen erschweren die Vereinbarkeit. Bieten Sie als Unternehmen individuelle und flexible Arbeitszeitmodelle an, wenn Sie mehr Frauen rekrutieren möchten. So schaffen Sie Entlastung und erhöhen Ihre Attraktivität als Arbeitgeber. Flexibilität sollte zudem auch für Führungskräfte gelten: Führen in Teilzeit ist möglich - allerdings nur, wenn Unternehmen moderne Führungsprinzipien leben.
- Remote Work: Drei von vier Beschäftigten, die seit der Corona-Krise erstmalig regelmäßig von zu Hause aus arbeiten, möchten ihre Arbeit auch weiterhin – zumindest teilweise – im Homeoffice erledigen. Flexibles Arbeiten erleichtert vielen Familien die Planung des Alltags, reduziert Pendelzeiten und schafft so auch mehr Raum für zusätzliche Arbeitsstunden.
- Vorbilder Mentoring, Netzwerke: In vielen Unternehmen fehlen sichtbare weibliche Vorbilder. Dabei ist ihre Wirkung gerade bei der Rekrutierung von Frauen nicht zu unterschätzen: Stärker als jedes ausformulierte Unternehmensleitbild wirkt eine weibliche Führungskraft, der das Unternehmen einen reibungslosen Wiedereinstieg nach der Elternzeit und die Arbeit in Teilzeit ermöglicht – ohne Karriereknick.
Mentoring-Programme, Coaching und Frauennetzwerke unterstützen beim Austausch und bei der persönlichen Entwicklung. In männlich geprägten Bereichen sind solche Netzwerke besonders wertvoll – auch über Unternehmensgrenzen hinweg. - Unterstützende Infrastruktur: Erleichtern Sie Ihren Beschäftigten den Arbeitsalltag. Um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern, können Sie als Unternehmen Angebote, wie zum Beispiel die Einrichtung eines Eltern-Kind-Büros, Angebote zur Kinderbetreuung, einen Betriebskindergarten – gerne auch im Zusammenschluss mit anderen regionalen Betrieben – oder einen Betreuungszuschuss anbieten.
Gerade nach der Elternzeit sollten Sie als Betrieb den Wiedereinstieg so einfach wie möglich gestalten und Unterstützungsangebote planen und bekannt machen. Wie Unternehmen professionell mit Elternzeit umgehen, erfahren Sie hier in unserem Expertinnen-Interview mit Jutta Rump. Transparente und faire Gehaltsstrukturen: Der Gender Pay Gap zeigt den prozentualen Unterschied im durchschnittlichen Bruttostundenverdienst von Männern und Frauen (bezogen auf den durchschnittlichen Bruttostundenverdienst von Männern). Frauen verdienen im Durchschnitt weniger als Männer. 2020 betrug dieser Unterschied in Deutschland 19 %. In keinem einzigen Wirtschaftszweig verdienten Frauen mehr als Männer. Teils sind die Gehaltsunterschiede erklärbar, wie beispielsweise Bildung, Branche, Erwerbsunterbrechung und -reduzierung sowie Lohnfindung.
Das macht die Differenz aber nicht weniger zu einem Maßstab für Ungleichheit. Setzen Sie in Ihrem Betrieb auf ein diskriminierungsfreies Gehalt für alle Geschlechter.
- Vielfältige Karrierewege ermöglichen: Seien Sie offen für alternative Karrierewege. Unternehmen, die offen für nicht-lineare Lebensläufe sind und Weiterbildungen, individuelle Laufbahnplanung und flexible Führungsverantwortung ermöglichen, erhöhen ihre Attraktivität für Fachkräfte. Bieten Sie Ihren Mitarbeiterinnen auch gerne eine individuelle Laufbahnplanung an.
- Vertrauensbasierte Unternehmenskultur: Eine moderne Unternehmenskultur stellt Vertrauen, Zusammenarbeit und Ergebnisse in den Mittelpunkt. Vertrauen Sie Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und ihren Fähigkeiten. Soft Skills wie Teamfähigkeit, Offenheit und Selbstorganisation gewinnen dabei an Bedeutung. Diese gehören mittlerweile zu den Kernkompetenzen der Wirtschaft. Ein wertschätzender Führungsstil und eine professionelle Personalführung unterstützen diese Kultur und helfen, sie dauerhaft im Unternehmen zu verankern.

Über die KOFA-Expertin Anika Jansen
Anika Jansen
Anika Jansen ist Senior Economist für Fachkräftesicherung im KOFA. Einer ihrer Schwerpunkte liegt auf der gezielten Ansprache unterschiedlicher Zielgruppen – etwa Jugendlicher und junger Erwachsener, also Angehöriger der Generation Z, Frauen sowie internationaler Fachkräfte. Ziel ist es, Strategien zu entwickeln, wie Unternehmen diese Gruppen erfolgreich gewinnen und langfristig binden können.
Neben ihrer Forschungstätigkeit hält Anika Jansen als Expertin für die Themen Rekrutierung und Personalarbeit regelmäßig Vorträge, verfasst Studien und entwickelt konkrete Handlungsempfehlungen für Betriebe und politische Entscheidungsträger.


