
Digitales Berichtsheft: Zeit sparen beim Ausbildungsnachweis
Ausbildende müssen oft viel Zeit aufbringen, um die Ausbildungsnachweise zusammen mit ihren Azubis zu pflegen. Doch wer eine App statt Papier zur Dokumentation nutzt, kann den Aufwand drastisch reduzieren. Der Besuch in einer Bäckerei in Baden-Württemberg zeigt, wo die Vorteile liegen.
Digitales Berichtsheft nutzen: 3 Tipps
1. Umstieg planen: Wenn Sie bislang noch das Papier-Berichtsheft nutzen, planen Sie den Umstieg auf das digitale Berichtsheft zum neuen Ausbildungsjahr. Fragen Sie Kammern oder Innungen nach geeigneten Anbietern und lassen Sie sich von diesen genau einweisen. Für Azubis, die schon auf Papier begonnen haben, ist ein Umstieg in der Regel zu aufwendig.
2. Azubis instruieren: Nutzen Sie einen Tag in der ersten Ausbildungswoche, um Ihre Auszubildenden in alle Funktionen und Anforderungen der App einzuweisen. Ermutigen Sie sie, im Ausbildungsalltag immer wieder Fotos ihrer Arbeitsergebnisse mit dem Smartphone zu machen und direkt in die App einzupflegen.
3. Persönlich austauschen: Zwar ermöglicht ein digitales Berichtsheft, schnelle Rückmeldungen per App zu senden. Das ersetzt aber nicht die persönlichen Gespräche mit Azubis. Nehmen Sie sich regelmäßig Zeit, um ihnen im Alltag vor Ort Feedback zu geben.
Als Duygu Kilic an diesem Montagmorgen zur Arbeit geht, nimmt sie nur ihr Smartphone mit. Keine Tasche, keine Stifte und vor allem kein Papier. Für die 22-Jährige, Auszubildende zur Bäckereifachverkäuferin bei „Peters gute Backstube” im baden-württembergischen Bühl, ist das ein großer Fortschritt. Denn in ihrer vorherigen Ausbildung zur Kauffrau für Büromanagement musste sie noch ständig einen dicken Ordner mitschleppen, in dem sie Details zu ihren täglichen Aufgaben notierte. „Das war extrem lästig“, erzählt Kilic, während sie hinter dem Tresen steht und Brötchen, Croissants und Kuchen sortiert. „Ich bin so froh, dass das hier anders ist.“
Der Grund für ihre Begeisterung: das digitale Berichtsheft. Es ermöglicht, den verpflichtenden Ausbildungsnachweis elektronisch zu erbringen. Genau wie bei der klassischen Dokumentation auf Papier geht es darum, Kenntnisse und Fertigkeiten festzuhalten, um später für die Abschlussprüfung zugelassen zu werden. Auszubildende und Ausbildungspersonal in der Bäckerei in Bühl nutzen dafür eine App. Das hat einige Vorteile – für den Nachwuchs, aber auch für die Führungskräfte.

Wir sparen seit der Umstellung auf die digitale Lösung enorm viel Zeit.
Christian HerrmannPersonalleiter Peters gute BackstubeDigitales Berichtsheft: Zeitersparnis für Ausbildungspersonal
Christian Herrmann ist Personalleiter bei Peters gute Backstube und betreut Kilic und die anderen 40 Auszubildenden. Der Betrieb ist in den vergangenen Jahren stetig gewachsen: Rund 750 Mitarbeitende sind in der Zentrale und den 53 Filialen von Karlsruhe bis Offenburg tätig.
In der Regel prüfen Herrmann und seine Kolleginnen und Kollegen in der Ausbildungsbetreuung einmal pro Woche, was die Azubis eingetragen haben. Die Bäckerei nutzt die App des Anbieters Zubido, der mit dem Bäckerhandwerk zusammenarbeitet.
Herrmann kann alle Azubis des Unternehmens in einer Übersicht der App sehen. Farbcodes helfen, sich schnell einen Überblick zu verschaffen: Wenn Azubis und Ausbildungspersonal jeweils alle Aufgaben erfüllt haben, erscheint eine grüne Markierung. Ist zum Beispiel noch etwas offen, wird das blau markiert.
Einfache Weiterleitung an Kammern und Innungen
Der Personalleiter hat sich montags einen Serientermin in seinem Kalender eingerichtet, um die digitalen Hefte zu sichten. „Ich bin dann meist in einer Stunde durch“, erklärt er. Einträge prüfen, signieren oder bei Mängeln nochmal an die Azubis zurückgeben – all das geht in wenigen Schritten, egal an welchem Ort man gerade ist. Früher sei das viel aufwendiger gewesen, erzählt der Personalleiter. Schließlich mussten Azubis und Ausbilder sich die Papier-Berichtshefte immer persönlich übergeben.
Ähnlich ist es mit der Weiterleitung an Kammern und Innungen vor den Prüfungen: Mussten einst ganze Pakete mit Ordnern transportiert werden, schickt das Unternehmen die Berichtshefte heute einfach digital weiter, erklärt Herrmann. Entweder bekommen die Prüferinnen und Prüfer selbst einen Zugang zur App und können sich das Berichtsheft direkt dort anschauen. Oder Herrmann schickt das Berichtsheft als PDF:
In der Bäckerei in Bühl hat sich Duygu Kilic an einen Tisch im Verkaufsraum gesetzt und tippt in ihr Handy. Sie trägt ihre bisherigen Aufgaben des Tages in die App ein: „Brötchen backen, Filiale für den Tag vorbereitet, Kundenbestellungen eingepackt, Deko Frühstücke gerichtet.“
Für die Nachwuchskräfte ist es ein großer Gewinn, dass sie die Einträge einfach zwischendurch machen können: während der Arbeit, auf dem Heimweg im Zug oder auf dem Sofa. Wiederholen sich Aufgaben an mehreren Tagen, kann man alte Einträge einfach übernehmen.
„Wenn ich eine Tafel mit den Angeboten der Bäckereifiliale beschrifte oder die Theke besonders herrichte, mache ich direkt ein Foto mit dem Smartphone und lade es in der App hoch“, sagt Kilic. Früher mussten Azubis Bilder erst ausdrucken und in das analoge Berichtsheft einsortieren.
Azubis motivieren mit digitaler Lösung
Hat die digitale Dokumentation Nachteile? Azubis würden viel copy-pasten, sagt Personalleiter Herrmann. Tatsächlich können sie etwa Inhalte aus dem Berufsschulunterricht einfach aus der Schul-App in ihr digitales Berichtsheft kopieren. Früher mussten sie die Inhalte handschriftlich abschreiben – und haben sie dabei vielleicht besser verinnerlicht.
Dass das die Ausbildungsqualität verschlechtere, glaubt Herrmann nicht. „Viele Azubis sind motivierter als früher, weil es so einfach und schnell geht.“ Er glaubt, dass Betriebe diesen Schritt sogar gehen müssen, um attraktiv für den Nachwuchs zu sein. „Work-Life-Balance ist ein großes Thema. Da kommen wir den jungen Leuten sehr entgegen, indem wir ihnen viele Stunden lästige Dokumentationszeit ersparen.“
Auch Ibrahim Sleiman, der wie Duygu Kilic in Peters gute Backstube ausgebildet wird, weiß die dadurch gewonnene freie Zeit sehr zu schätzen. „Wer einen Bericht auf Papier vom Ausbilder zur Überarbeitung zurückbekommen hat, muss ihn meist ganz neu schreiben“, sagt er. Das haben ihm Mitschülerinnen und Mitschüler aus der Berufsschule erzählt, die in ihren Ausbildungsbetrieben noch auf Papier dokumentieren müssen. Mit der digitalen Lösung ist das nicht nötig: Dort lässt sich der ursprüngliche Text einfach anpassen.
Und er sieht noch einen Vorteil: eine bessere Lesbarkeit. „Meine Handschrift ist nicht die Schönste“, sagt Sleiman und lacht. Dank der digitalen Variante ist das kein Problem mehr.