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Auslandspraktikum für Azubis anbieten – so geht’s

Auslandspraktikum für Azubis anbieten – so geht’s

Praxisbeispiel

Ein Sonderanlagenbauer aus dem Münsterland bietet allen Auszubildenden an, ein Praktikum im Ausland zu machen. Der Aufwand für den Betrieb ist gering – und die Chance, Azubis langfristig zu binden, groß.

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3 Tipps: Auszubildende mit Auslandspraktikum binden

1. Frühzeitig planen: Idealerweise startet die Vorbereitung vier bis sechs Monate vor dem Auslandsaufenthalt. Ermutigen Sie die Nachwuchskräfte, die Planung selbst zu übernehmen – mit Unterstützung von Partnern wie „Berufsbildung ohne Grenzen“. 

2. Alle Azubis ermutigen: Nicht nur Leistungsstarke profitieren – auch zurückhaltende oder leistungsschwächere Auszubildende entwickeln sich im Ausland enorm weiter. Versäumte Ausbildungsinhalte lassen sich leicht nachholen. 

3. Im Bewerbungsprozess punkten: Weisen Sie schon auf Ihrer Karriereseite, in Ausschreibungen oder in Vorträgen an Schulen darauf hin, dass Sie Auslandspraktika ermöglichen. Das weckt Interesse beim Nachwuchs und zeigt Ihre Wertschätzung. 

Malta, Spanien oder Schweden – bei der Firma Münstermann ist es üblich, dass Nachwuchskräfte für mehrere Wochen in ein Land ihrer Wahl reisen. Rund 340 Mitarbeitende hat der Sonderanlagenbauer aus Telgte im Münsterland, jedes Jahr beginnen bis zu acht Menschen eine Ausbildung als Metallbauer/-in, Industriekaufmann/-frau oder technische/r Produktdesigner/-in. Und viele davon nutzen die Chance, ein Praktikum im Ausland zu machen. 

 

Portrait Karin Münstermann
Karin Münstermann

„Vor gut 20 Jahren haben wir die ersten Azubis ins Ausland geschickt“, erzählt Karin Münstermann. Sie ist in dem Familienunternehmen unter anderem für die Betreuung der Nachwuchskräfte zuständig. Damals hatte die Handwerkskammer einen Gruppenaufenthalt in Norwegen organisiert. Heute planen die jungen Menschen ihre Reisen ganz individuell. „Für uns als Unternehmen ist das ein großer Gewinn, und der Aufwand ist sehr gering“, sagt Münstermann. 

 


Vorteile: Persönliche Entwicklung, Bindung an den Betrieb

Bei den Auslandsaufenthalten geht es nicht darum, das fachliche Wissen zu erweitern. Sie arbeiten in der Regel zwar in ihrem Ausbildungsberuf – zwingende Voraussetzung ist das aber nicht. „Wir wollen, dass die Auszubildenden sich persönlich weiterentwickeln“, sagt Münstermann. Für viele sei es das erste Mal, dass sie längere Zeit auf sich gestellt sind und mit einer fremden Sprache klarkommen müssen. „Die Auszubildenden gewinnen Selbstbewusstsein, und das wirkt sich sehr positiv auf ihre Arbeit aus.“ Selbst schüchterne Personen seien danach offener und kommunikativer, auch gegenüber Kundinnen und Kunden.  

Zudem sieht Münstermann einen langfristigen Effekt: „Die Erfahrung bindet die jungen Menschen stark an uns als Arbeitgeber.“ Viele schätzten es, dass das Unternehmen ihnen vertraut und den Auslandsaufenthalt ermöglicht. Sie berichtet von einem jungen Mann, der einst die Ausbildung als Metallbauer im Betrieb begann, ein Praktikum in Irland machte und heute als Meister in der Produktion arbeitet. 

Natürlich blieben nicht alle dauerhaft im Betrieb. „Aber es kam schon häufiger vor, dass Beschäftigte eine Zeit lang woanders hingegangen und später wieder zu uns zurückgekommen sind“, sagt Münstermann. Sie glaubt, dass Angebote wie das Auslandspraktikum dazu beitragen, als attraktiver Arbeitgeber in Erinnerung zu bleiben. 

Azubis fördern und fordern

Nutzen Sie die Ausbildung, um Talente frühzeitig zu erkennen und gezielt zu fördern – so sichern Sie sich schon heute die Fachkräfte von morgen.

Förderinstrumente kennenlernen

Organisation: So können KMU mit Auslandspraktika starten

Für Betriebe gebe es nicht viel zu organisieren. Am Anfang sei es sinnvoll, mit anderen Unternehmen oder Kooperationspartnern über deren Erfahrungen zu sprechen. „Eine gute erste Anlaufstelle ist das Netzwerk Berufsbildung ohne Grenzen“, erklärt die Azubi-Betreuerin. Dort gibt es Beraterinnen und Berater, die grundlegende Fragen beantworten und weitere Kontakte herstellen können. Es handelt sich um Mitarbeitende der Handwerks- sowie Industrie- und Handelskammern in den unterschiedlichen Regionen.

Inzwischen erledigen die Azubis des Familienunternehmens aber fast alles selbst – zusammen mit einer auf Auslandsaufenthalte spezialisierten Organisation. „Wir haben sehr gute Erfahrungen mit dem Europäischen Bildungsverbund gemacht“, berichtet Münstermann. Das Unternehmen mit Sitz in Magdeburg bietet ein Komplettpaket: von der Suche eines passenden Unternehmens im Ausland über die Unterbringung in einer Gastfamilie bis zur Auslandskrankenversicherung. 

Finanzierung mit Erasmus+, Dauer mindestens drei Wochen

Der Anbieter kümmert sich auch darum, dass die Auszubildenden eine finanzielle Förderung durch das EU-Programm Erasmus+ erhalten. Das decke fast sämtliche Kosten der Reise ab, inklusive Hin- und Rückreise. Lediglich für den Service des Anbieters falle ein Eigenanteil von rund 300 Euro an. „Den übernehmen wir gerne für die Auszubildenden“, sagt Münstermann. 

Damit die Fördergelder gezahlt werden, muss der Aufenthalt mindestens drei Wochen dauern. „Wir empfehlen ohnehin, länger zu bleiben“, sagt Münstermann. Vier bis acht Wochen seien sinnvoll, um Menschen vor Ort und die neue Kultur richtig kennenzulernen. 

Wenn Azubis länger bleiben wollen, ermöglicht das Unternehmen Aufenthalte bis zu vier Monaten. Man kann die Zeit auch aufteilen und zweimal zwei Monate in unterschiedlichen Ländern verbringen. 

Firma Münstermann: Auslandspraktikum für Azubis

Auslandspraktikum ist kein Urlaub 

Wichtig ist, dass für die Reise kein Urlaub genommen wird. „Das wäre ein völlig falsches Signal, schließlich arbeiten die Azubis ja und wir profitieren von ihrer Weiterentwicklung“, sagt Münstermann. Zudem müsse man sich sonst auch gesondert um die Versicherung während der Arbeit kümmern. Handhabt man es so wie das Unternehmen, wird das Praktikum wie eine Dienstreise behandelt und die reguläre Versicherung greift. 

Im Anschluss an das Praktikum dürfen die Azubis aber durchaus Urlaub nehmen. Münstermann findet: „Wenn sie schonmal im Ausland sind, sollen sie das ruhig nutzen.“ 

Nach der Rückkehr gibt es dann genügend Gelegenheiten, anderen von den Erfahrungen zu berichten. Alle zwei Wochen gibt es im Unternehmen ein Treffen, bei dem die Azubis Fragen stellen und sich austauschen können. „Hier bringen diejenigen, die im Ausland waren, Fotos und eine Präsentation mit und erzählen, was sie erlebt haben“, sagt Münstermann. „Man merkt dabei, wie stolz sie sind, dass sie das gemacht haben. Und oft begeistert es auch andere, selbst so eine Reise zu machen.“ 

Was während des Auslandsaufenthalts fachlich versäumt wurde, lässt sich danach einfach im Betrieb nachholen. Auch die Berufsschulen zeigen sich meist kooperativ, die Inhalte nachzuholen. Entweder stellen die Lehrkräfte Material zur Verfügung, das die Azubis mitnehmen und eigenständig bearbeiten können. Oder man verabredet ein digitales Treffen mit den Lehrkräften.

Selbst ausländische Azubis aufnehmen 

Bei der Firma Münstermann ist man inzwischen schon einen Schritt weiter: Das Unternehmen ist selbst offen dafür, junge Nachwuchskräfte aus dem Ausland für ein paar Wochen als Praktikantinnen und Praktikanten aufzunehmen. „Das bringt frischen Wind in den Betrieb – und unsere Mitarbeitenden erleben Vielfalt direkt im eigenen Arbeitsumfeld“, sagt Karin Münstermann.

Zudem entstünden hilfreiche Kontakte. Sie erzählt von einer jungen Frau aus Spanien, die zwölf Wochen in der Fertigung mitarbeitete. “Eine unserer Auszubildenden hat sich so gut mit ihr verstanden, dass sie später zum Gegenbesuch zu ihr nach Barcelona gereist ist und dort ein Praktikum gemacht hat.” Eine Win-win-Situation für alle Beteiligten. 


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