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Tipps für Vorstellungsgespräche

Tipps für Vorstellungsgespräche

Sie möchten eine Fachkraft mit Behinderung einstellen? Erfahren Sie hier, wertvolle Tipps für das Vorstellungsgespräch.

Sie haben eine Stelle ausgeschrieben und der Bewerber bzw. die Bewerberin hat im Anschreiben angeben, dass er oder sie eine Schwerbehinderung hat. Nun steht ein Vorstellungsgespräch an und Sie sind sich unsicher, wie Sie dieses führen sollen? Im Folgenden finden Sie einige Orientierungshilfen, Leitfragen und wichtige Hinweise.

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Dies gilt es vor dem Gespräch zu beachten: Rechtliche Rahmenbedingungen

Szenario 1: Eine Schwerbehinderung ist bekannt

  • Sie können fragen, ob der Bewerber über das Thema sprechen möchte und nachfragen, ob eine bestimmte Unterstützung notwendig ist.
    Beteiligung Schwerbehindertenvertretung: Wenn es bei Ihnen eine gewählte Schwerbehindertenvertretung gibt, sind Sie verpflichtet, diese innerhalb des Bewerbungsprozesses zu beteiligen, sobald Ihnen Informationen über den Status vorliegen. Eine Vertrauensperson aus der Schwerbehindertenvertretung hat das Recht an dem Vorstellungsgespräch teilzunehmen, sofern die Bewerberin oder der Bewerber mit Schwerbehinderung dies nicht ausdrücklich ablehnt.
  • Eingehen auf Hinweise der Person: Ebenso kann es vorkommen, dass Menschen das Thema innerhalb des Bewerbungsgesprächs proaktiv von sich aus ansprechen. Auch darauf dürfen Sie eingehen.

Szenario 2: Eine Schwerbehinderung oder Einschränkung ist nicht bekannt

  • In allen sonstigen Fällen ist es Ihnen als Arbeitgeber nicht gestattet nach einer Schwerbehinderung zu fragen. Tun Sie dies doch, ist die Bewerberin oder der Bewerber nicht dazu verpflichtet wahrheitsgemäß zu antworten.

Es gibt allerdings eine Ausnahme:

Sofern bestimmte körperliche Fähigkeiten (wie zum Beispiel räumliches Sehen) oder geistige Fähigkeiten (wie zum Beispiel Konzentrationsfähigkeit über lange Zeiträume) Voraussetzung für die Erfüllung der konkreten Arbeitstätigkeit sind, so dürfen Sie nach möglichen Beeinträchtigungen oder nach Unterstützungsbedarf fragen. Ist für Ihren Gesprächspartner erkennbar, dass aufgrund seiner oder ihrer Behinderung eine Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit zu erwarten ist, so besteht in diesem Fall eine Offenbarungspflicht. Beachten Sie dabei – nicht jede Schwerbehinderung muss zu einer Einschränkung der Leistungsfähigkeit führen.

Alle Nachfragen müssen sich auf die Ausübung des Jobs konzentrieren. Nachfragen zum Umgang mit der Behinderung im Privatleben sind im Bewerbungsgespräch nicht zulässig. Es sei denn, die Bewerberin oder der Bewerber spricht das Thema von sich aus an.

Das Vorstellungsgespräch

Für ein Vorstellungsgespräch mit einem Bewerber oder einer Bewerberin mit (Schwer-)Behinderung sind zunächst die gleichen Fragen, wie bei jedem anderen Gespräch entscheidend. Von daher sollten Sie auch hier zunächst über fachliche Themen sprechen. Die zentrale Frage lautet: „Passt der Mensch vor mir mit seinen Qualifikationen, seiner Erfahrung und seiner Persönlichkeit zu mir und meinem Unternehmen?“. Es bietet sich an, über Fragen bezüglich der Behinderung erst im späteren Verlauf des Vorstellungsgesprächs zu sprechen, wenn sich die Gesprächsatmosphäre schon etwas gelockert hat.

Gesprächseinleitung – Szenario 1: Eine Schwerbehinderung ist bekannt

Klären Sie die für Sie relevanten Punkte mit dem Bewerber oder der Bewerberin im gemeinsamen Gespräch, aber fallen Sie nicht mit der Tür ins Haus! Denn ein Gespräch über ihre oder seine Behinderung kann für den Menschen vor Ihnen z. B. vor dem Hintergrund von bisherigen Diskriminierungserfahrungen sensibel sein.

Wie so oft gilt: Der Ton macht die Musik. Beweisen Sie Feinfühligkeit und fragen Sie den Menschen vor Ihnen lieber, ob er über bestimmte Punkte sprechen möchte anstatt ihn direkt mit eventuell sensiblen Punkten zu konfrontieren. So entsteht für beide Seiten eine angenehme und vertrauensvolle Gesprächsatmosphäre. Sie können sich dabei an folgenden Fragen orientieren: 

  1. Sie haben im Lebenslauf angegeben, dass Sie eine Schwerbehinderung haben – möchten Sie mit uns über das Thema kurz sprechen?
     - Sofern der Bewerber bzw. die Bewerberin sich bereit zeigt, die Behinderung zu thematisieren, können Sie detaillierter nachfragen. So dies nicht der Fall ist, gehen Sie zum nächsten Themenblock über. 
  2. Darf ich Sie fragen, wie sich Ihre Behinderung im Arbeitsleben äußern kann? / Möchten Sie darüber sprechen, wie sich Ihre Behinderung im Arbeitsleben äußern kann? 
  3. Gibt es Tätigkeiten (im Zusammenhang mit der ausgeschriebenen Stelle), bei denen Sie denken, dass Sie für die Ausübung Hilfsmittel benötigen? 
    - Wenn ja, benötigen Sie eher bestimmte Hilfsmittel oder würden Hilfeleistungen durch Kolleginnen und Kollegen helfen? 
    - Besitzen Sie die benötigten Hilfsmittel bereits? Wenn nicht, kümmern wir uns gern mit Ihnen zusammen um die Anschaffung, falls Sie Unterstützung bei der Beantragung brauchen.
  4. Was können wir dafür tun, damit Sie mit Ihrer Behinderung hier gut arbeiten können? 

Am Abschluss der Fragen zum Thema „Schwerbehinderung“ können Sie mit der Frage „Möchten Sie uns noch etwas zu diesem Thema mitteilen oder mit uns besprechen“ zum nächsten Themenblock, wie z. B. Gehaltsvorstellungen, überleiten. 

Szenario 2: Eine Schwerbehinderung oder Einschränkung ist nicht bekannt

Ein eigener Fragenblock, wie im Szenario 1, ist in diesem Fall rechtlich von Ihrer Seite nicht möglich. Eine Frage nach einer möglichen Einschränkung sollte in Zusammenhang mit einer konkreten Arbeitstätigkeit stehen. 

Allgemeine Eingangsfrage
Beschreiben Sie zunächst die Tätigkeit und die damit entstehenden Belastungen und Vorrausetzungen, denen ein Mensch stellenbedingt ausgesetzt ist, bzw. die ein Mensch erfüllen muss.  
Im Anschluss können Sie fragen: 
Haben Sie eine gesundheitliche, seelische oder andere Beeinträchtigung, welche die Ausübungen der Tätigkeiten der vorliegenden Stelle entscheidend einschränkt? Benötigen Sie an einzelnen Stellen Unterstützungsbedarf?“.
Dies ist eine sehr offene Frage, die Ihrem Bewerber oder Ihrer Bewerberin die Chance eröffnet von sich aus Herausforderungen anzusprechen. Gehen Sie auf diese individuell ein, fragen Sie aber nicht über das Genannte hinaus nach. 

Spezifische Eingangsfrage
Je nach vorliegendem Jobangebot kann es sich anbieten nicht eine allgemeine, sondern eine spezifische Frage zu stellen, die auf die Fähigkeit zur Ausübung einer Tätigkeit abzielt, wie zum Beispiel: 
Im Rahmen der Arbeitstätigkeit müssen Sie regelmäßig schwere Gegenstände bis zu 30 Kilo bewegen können – ist Ihnen das möglich?“
Auch hier können Sie je nach Rückmeldung fragen, ob an einzelnen Stellen Unterstützungsbedarf notwendig ist bzw. was dem Bewerber oder der Bewerberin bei der Ausübung helfen könnte. Dies könnten Sie zum Beispiel durch die Frage „Und wie können wir Ihnen dabei bestmöglich zur Seite stehen?“ ausdrücken. Fragen Sie auch bei dieser Vorgehensweise nicht über das Genannte hinaus nach. 

Alle dargestellten Aussagen und Vorgehensweisen sind mehrfach von Experten und Expertinnen der betrieblichen Personalarbeit überprüft worden. Die Darstellungen stellen aber nur eine Orientierung und keine juristische Beratung dar, die sich immer auf den Einzelfall bezieht. Bei besonderen Fällen sollten Sie daher zusätzlich Rat bei einem Juristen oder einer Juristin mit Schwerpunkt im Arbeitsrecht suchen.